Mexiko: Blockade gegen den Interozeanischen Korridor gewaltsam geräumt

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Nach der Räumung. 61 Tage wurden die Bauarbeiten für den Interozeanischen Korridor blockiert
Nach der Räumung. 61 Tage wurden die Bauarbeiten für den Interozeanischen Korridor blockiert

San Juan Guichicovi, Oaxaca. Mehrere Dutzend Soldaten und Polizisten haben am Freitag das Blockadecamp "Land und Freiheit" einer indigenen Gemeinde im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca angegriffen und sechs Personen verhaftet.1

Die Bauern und Bäuerinnen des kleinen Dorfs Mogoñé Viejo in der Gemeinde San Juan Guichicovi blockierten seit 61 Tagen die Bauarbeiten für den Interozeanischen Korridor aufgrund fehlender Informationen der Regierung über die Auswirkungen des Projekts auf die indigenen Mixe-Gemeinschaften.

Der Interozeanischen Korridor ist ein Großprojekt, das in Ergänzung zum überlasteten Panama-Kanal eine Eisenbahnverbindung im Isthmus von Tehuantepec zwischen den Häfen Salina Cruz an der Pazifikküste von Oaxaca und Coatzacoalcos am Golf von Mexiko in Veracruz vorsieht, um so Container mit Konsumgütern aus Asien an die Ostküste der USA und nach Europa verschiffen zu können. Die Eisenbahnlinie soll im Herbst 2023 eingeweiht werden. Die mexikanische Regierung plant zudem den Ausbau der petrochemischen Industrie sowie zehn steuerbefreite Industriezonen in der Region.

Die Proteste werden von der Union der indigenen Gemeinschaften der nördlichen Zone des Isthmus (Ucizoni) unterstützt. Die Opposition kritisiert die fehlende Befragung der betroffenen indigenen Gemeinden und die mangelhafte Transparenz über die möglichen negativen Auswirkungen des Projekts. Die lokalen Behörden von Mogoñe Viejo haben dem Projekt zugestimmt, aber ohne den Konsens mit allen Mitgliedern des Gemeindelandes zu suchen, kritisiert Juanita Ramírez, Anwohnerin und ehemalige Präsidentin von Ucizoni.

Die Umsiedlung und Entschädigung der zahlreichen Familien, die ihre kleinen Häuser an oder nahe der bestehenden Eisenbahnlinie bauten, ist ein weiterer Punkt in dem Konflikt. Die Enteignung für die neue, modernere Eisenbahnlinie wurde beidseits von bisher 4.8 Meter auf 35 Meter erhöht, also eine Schneise von 70 Metern, ohne dass klar ist, warum der Staat so viel Land beansprucht.

"Sie beschädigen unser Land, unsere Zäune und unsere Häuser. Sogar der Gemeindefriedhof ist von den Sanierungsarbeiten an der Straße betroffen. Sie durchschneidet den Gemeindefriedhof praktisch auf 35 Metern auf jeder Seite, und das ist der Streitpunkt", sagt Juanita Ramírez.

Als Reaktion auf den Angriff blockierte die "Caravana El Sur Resiste", die am Tag zuvor im Protestcamp von Mogoñe Viejo war, die transisthmische Autobahn bei Oteapan, Veracruz, in Richtung Coatzacoalcos. "Es hat den Anschein, dass sie darauf gewartet haben, dass die Karawane Mogoñé verlässt, um diese Repression durchzuführen", erklärten Mitglieder der Karawane, die verschiedene Orte des Widerstands gegen Großprojekte in Südmexiko besucht.

Zahlreiche Organisationen wie das Menschenrechtsnetzwerk "Alle Rechte für Alle" (Red TDT) bezeichneten die Verhaftungen der vier Frauen und zwei Männer in Mogoñe Viejo als willkürlich und fordern von der Regierung, auf die Anliegen der Protestierenden einzugehen. Der Nationale Indigene Kongress und die zapatistische EZLN verurteilten insbesondere die Militarisierung: Die Verwaltung des Interamerikanischen Korridors wird vollständig der Marine überlassen.

Präsident Andrés Manuel López Obrador erklärte bei einer Pressekonferenz am 21. März in Oaxaca, dass das Projekt trotz der Proteste voranschreite und bezeichnete die Protestierenden als korrupt. In der Nacht darauf kam es zu einem ersten Angriff von bewaffneten Zivilen und der Polizei, doch das Protestcamp wurde erneut eingerichtet. Auch nach dem zweiten Überfall vom 28. April vermeldet die lokale Presse, dass das Camp, das auf die Unterstützung von Aktivist:innen von einem Dutzend umliegender Gemeinden zählt, neu eingerichtet worden sei.

  • 1. Anm.d.Red.: Die Festgenommenen sind am Sonntag, 30. April, wieder freigelassen worden