Washington. Obwohl die Zahl der von Grenzbehörden in den USA aufgegriffenen Migrant:innen im Monat Juli leicht zurückging, erwarten die US-Behörden in diesem Jahr so viele Einwanderer ohne Papiere wie nie.
Das so genannte "Fiscal Year", nach dem die Grenzbehörden (Customs and Border Protection, CBP) Zufluchtsbewegungen messen, erstreckt sich von Oktober bis September. Während im Fiskaljahr 2021 rund 1.662.000 Personen aufgegriffen wurden, waren es zwei Monate vor Ende des Zyklus 2022 bereits rund 1.822.000. Im Jahr 2020 waren es nur etwa 405.000 gewesen.
Obwohl sich in den Zahlen so genannte "repeat crossers" verstecken, also Personen, die innerhalb eines Jahres mehrmals versuchen, die Grenze zu überqueren, und aufgegriffen werden, bewege man sich immer noch auf ein Allzeit-Hoch zu, berichtete Adam Isaacson von der Nichtregierungsorganisation Washington Office on Latin America: "Egal wie man es misst [...] dies wird das größte Jahr aller Zeiten sein", sagte er. Isaacson zufolge weise die Zahl der Migrant:innen auf einen weltweiten Trend hin: Menschen würden vor pandemiegeschädigten Volkswirtschaften und instabilen Regierungen fliehen. Die USA hingegen erlebten nach der Corona-Pandemie wieder einen wirtschaftlichen Aufschwung.
Etwas mehr als die Hälfte der von den Grenzbehörden aufgegriffenen Personen stammte aus Mexiko, El Salvador, Guatemala oder Honduras. Weitere Herkunftsländer waren Kuba, Venezuela, Kolumbien und Nicaragua.
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Viele Migrant:innen werden sofort wieder nach Mexiko zurückgeschickt. Grundlage ist der unter der Regierung von Donald Trump etablierte Artikel 42, der aufgrund der Corona-Pandemie eine Abschiebung nach Mexiko ohne Prüfung von Asylgründen ermöglichte. Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador sagte den USA 2019 zu, auch Staatsangehörige anderer Länder in Mexiko aufzunehmen. Die Regierung von Joe Biden hat den Artikel 42 bisher weiter angewendet.
Nach Einschätzung von Mónica Verea Campos, Forscherin am Centro de Investigaciones sobre América del Norte (CISAN), hat Biden eine positivere Einstellung zur Migration als sein Vorgänger. Allerdings habe der US-Präsident in den anderthalb Jahren seiner Amtszeit nur langsame und wenig sichtbare Schritte unternommen und die Trump’sche Bürokratie sei immer noch vorherrschend.
Irasema Coronado, Akademikerin an der Arizona State University, zeigte bei einem Dialog US-amerikanischer und mexikanischer Universitäten zur Migration die Prioritäten einer menschenrechtsbasierten Migrationspolitik auf. Demnach müssten etwa der kriminelle Menschenhandel und die Schlepper gestoppt sowie die Arbeitgeber illegaler Einwanderer bestraft werden. An den Grenzen müssten die Regierungen hingegen eine Sicherheitszone aufbauen, um die Menschen, die am meisten gefährdet seien, zu schützen. "Der Kongress muss so schnell wie möglich handeln, damit die Illegalen eine Aufenthaltsberechtigung erhalten", so Coronado.