Streit bei Mercosur-Gipfel: Uruguay setzt auf Alleingang

Argentinien übernimmt Mercosur-Vorsitz in Zeiten der Spannungen. Uruguayische Regierung versucht, Transpazifik-Abkommen ohne Abstimmung mit Mercosur-Partnern beizutreten

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61. Mercosur-Gipfel: Die Staatschefs sind sich beim Thema der Flexibilisierung des Blocks uneinig, bekräftigen aber einstimmig ihr Engagement für die regionale Integration
61. Mercosur-Gipfel: Die Staatschefs sind sich beim Thema der Flexibilisierung des Blocks uneinig, bekräftigen aber einstimmig ihr Engagement für die regionale Integration

Montevideo. Beim jüngsten Mercosur-Gipfeltreffen haben sich die Staatschefs von Uruguay, Luis Lacalle Pou, und Argentinien, Alberto Fernández, einen Schlagabtausch über die Zukunft des südamerikanischen Wirtschaftsblocks geliefert. Brasiliens abgewählter Staatschef, Jair Bolsonaro, war als einziger Präsident dem Gipfel, der am 5. und 6. Dezember in Montevideo stattfand, erneut ferngeblieben.

Grund für die schlechte Stimmung zwischen den vier Mitgliedstaaten ist ein erneuter Alleingang Uruguays. Die Regierung in Montevideo hatte nur eine Woche zuvor ohne Abstimmung mit den Mercosur-Partnern die Aufnahme in die Transpazifische Partnerschaft (CPTPP) beantragt. Das CPTPP ist ein Freihandelsabkommen zwischen elf Pazifikstaaten, darunter Australien, Japan, Vietnam, Mexiko, Peru und Chile.

Laut Statut dürfen die Mitgliedsstaaten des Mercosur nur gemeinsam mit Drittstaaten über Freihandelsabkommen verhandeln. Uruguay drängt allerdings bereits seit längerem auf eine Flexibilisierung und schafft nun Fakten. Die Situation scheint festgefahren. Während die linke Regierung in Argentinien die heimische Wirtschaft vor der internationalen Konkurrenz schützen will, will Uruguays rechter Präsident Lacalle Pou sein Land "der Welt öffnen".

Besonders deutlich wurden die Differenzen zwischen den beiden Ländern beim Treffen der Außen- und Finanzminister, das den Gipfel am Montag eröffnete, zum Ausdruck gebracht. Dabei betonte Uruguays Außenminister Francisco Bustillo das Recht auf den Alleingang seines Landes und bezeichnete den Mercosur als einen "überholten Block", der "modernisiert" werden müsse.

Argentinien, Brasilien und Paraguay hatten in der Woche zuvor eine gemeinsame Erklärung abgegeben, in der sie "Vergeltungsmaßnahmen" für den Fall ankündigten, dass Uruguay der Transpazifischen Partnerschaft beitreten würde.

Der Alleingang des kleinen südamerikanischen Landes ist nicht der Erste. Im Sommer dieses Jahres hatte Lacalle Pou angekündigt, formelle Verhandlungen mit China über ein bilaterales Freihandelsabkommen zu starten, nachdem eine Machbarkeitsstudie über ein solches Abkommen positiv ausgefallen war (amerika21 berichtete).

"Die Lösung besteht nicht darin, dass jeder sein eigenes Ding macht. Ich glaube nicht, dass das der Mechanismus ist", sagte der argentinische Präsident Fernández beim Treffen in Montevideo. "Die unilateralen Aktionen bereiten uns Sorgen." Argentinien übernahm bei dem Gipfeltreffen die rotierende sechsmonatige Präsidentschaft des Mercosur.

Trotz der Unstimmigkeiten zwischen den Ländern endete der Gipfel mit einer gemeinsamen Abschlusserklärung, die von den vier Mitgliedsländern und den assoziierten Staaten getragen wurde. In dieser bekräftigen die Staatschefs, "die wirtschaftliche Entwicklung der Region weiter zu stärken und zu vertiefen".

Eine zweite Erklärung hingegen, die vom Exekutivorgan des Mercosur stammt und den regionalen Integrationsprozess einschätzt, wurde nicht von Uruguay, sondern nur von Argentinien, Brasilien, Paraguay und Bolivien (im Beitrittsprozess) unterzeichnet. Das Kommuniqué umfasst unter anderem eine Bewertung für die Aufnahme Boliviens, das zusammen mit Chile, Kolumbien, Ecuador, Guyana, Peru und Surinam zu den assoziierten Ländern gehört.

Ein weiteres Thema zwischen den Staatschefs war das Freihandelsabkommen des Mercosur mit der Europäischen Union, das im Juni 2019 unterzeichnet wurde, aber seither auf Eis liegt (amerika21 berichtete).

Fernández bezeichnete die Forderungen einiger EU-Staaten zum Schutz des Amazonaswaldes als vorgeschoben und forderte, die Mercosur-Länder "nicht länger zu belügen". Der wahre Grund für die Verzögerung bei der Ratifizierung des Abkommens sei die protektionistische Haltung einiger Länder in der EU, "die nicht wollen, dass unser Fleisch, unser Getreide und unsere Lebensmittel ins Land kommen", sagte Fernández.