Angespannter Mercosur-Gipfel in Paraguay

Uruguay will Verhandlungen mit China über Freihandelsabkommen fortsetzen. Chiles Präsident hat seine Teilnahme abgesagt. Brasiliens ultrarechter Staatschef mit schillernden Ankündigungen

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Spannung vor dem Mercosur-Gipfel 2022 in Paraguay: Uruguay will Freihandelsabkommen mit China abschließen
Spannung vor dem Mercosur-Gipfel 2022 in Paraguay: Uruguay will Freihandelsabkommen mit China abschließen

Asunción. Der diesjährige Gipfel der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur steht im Zeichen der Spannungen zwischen den Mitgliedsländern. Das Treffen ist das erste der führenden Vertreter:innen der Organisation seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie im Jahr 2020 und findet in Paraguay statt.

Dem Mercosur gehören derzeit Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay an. Die Mitgliedschaft Venezuelas ist seit 2017 aus politischen Gründen suspendiert. Chile, Bolivien, Peru, Kolumbien, Ecuador, Guyana und Suriname haben den Status assozierter Staaten ohne Stimmrecht. Bolivien befindet sich im Beitrittsprozess.

Uruguays Präsident Luis Lacalle Pou hat im Vorfeld trotz Kritik aus Argentinien und Paraguay für viele überraschend den Beginn formeller Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit China angekündigt. Eine Machbarkeitsstudie sei jetzt "positiv" ausgefallen, so Lacalle Pou.

Im September 2021 gab Uruguays Regierungschef erstmals bekannt, dass Uruguay und China beabsichtigen, einen Freihandelsvertrag zu schließen, obwohl der Mercosur den Mitgliedsländern nicht erlaubt, Abkommen außerhalb des Blocks auszuhandeln (amerika21 berichtete).

"Wir haben eine Einigung erzielt, die für beide Länder von Vorteil ist und wir werden offiziell (unilaterale) Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen aufnehmen", erklärte Lacalle Pou, der sich trotz der Kritik überzeugt zeigt, dass "das internationale Recht und die unterzeichneten Verträge die Position meines Landes unterstützen".

Paraguays Regierung hingegen bezeichnete das Argument, dass die Aufnahme einseitiger Verhandlungen mit China keine Auswirkungen auf die Regelungen des Mercosur hätten, als "Irrtum". "Was Uruguay getan hat, war eine Entscheidung und keine Konsensmitteilung", sagte der stellvertretende Außenminister Raúl Cano Ricciardi gegenüber der paraguayischen Zeitung Última Hora.

"Laut den Gründungstexten des Mercosur, zu denen der Vertrag von Asunción und das Protokoll von Ouro Preto gehören, ist festgelegt, dass Entscheidungen des Blocks im Konsens getroffen werden müssen und dass Verhandlungen in Anwesenheit der Mitgliedsstaaten stattfinden müssen", so Ricciardi.

Die argentinische Regierung von Alberto Fernández schloss sich der Kritik an und "prüft" die Entscheidung der Regierung Uruguays.

Wie heikel die Ankündigung Uruguays ist, zeigt die kurzfristige Absage des Präsidenten von Chile, Gabriel Boric. Das Staatsoberhaupt wollte eigentlich am Gipfel teilnehmen, zog sich nach Lacalle Pous Ankündigung allerdings zurück.

Auch Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro verdeutlichte die Spannungen im Mecosur, als er am Sonntag verkündete, dass er möglicherweise eine "Blitzreise" zum diesjährigen Gipfel unternehmen werde. In der vorherigen Woche hatte Bolsonaro noch erklärt, nicht an dem Treffen des Wirtschaftsbündnisses teilzunehmen.

"Paraguay ist eines der wenigen Länder in Südamerika, das noch nicht rot ist, und ich schätze Marito [Paraguays Präsident Mario Abdo Benítez] sehr. (…) Ich würde im Morgengrauen aufbrechen und am späten Nachmittag zurückkehren. Ein Tagesausflug zu Ehren von 'Marito', der wie ich Fallschirmjäger ist. Dies verbindet uns", sagte Bolsonaro gegenüber Journalist:innen vor dem Palacio de la Alvorada, der Präsidentenresidenz.

Indes erklärte Paraguays Innenminister Federico González, dass Bolsonaro nicht teilnehmen werde.

Der ultrarechte Präsident hat in vielen Mitgliedsländern und assoziierten Ländern des Mercosur durch die Wahlen in den letzten drei Jahren politische Verbündete verloren. In Argentinien löste 2019 Alberto Fernández den neoliberalen Mauricio Macri ab, in Chile gewann 2021 Gabriel Boric, in Bolivien 2020 Luis Arce, in Peru 2021 Pedro Castillo und zuletzt 2022 in Kolumbien Gustavo Petro, der im August die Präsidentschaft übernehmen wird (amerika 21 berichtete).