Venezuela

Venezuela: Hochkarätige Festnahmen bei Razzien gegen Drogen- und Benzinschmuggel

Operation "Eiserne Faust" hat Berichten zufolge zu mehr als zwei Dutzend Inhaftierungen in sechs Bundesstaaten geführt

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Keyrineth Fernández und Carlos Rafael Vidal, zwei der wegen Drogenhandel und Kraftstoffschmuggel festgenommenen Bürgermeister
Keyrineth Fernández und Carlos Rafael Vidal, zwei der wegen Drogenhandel und Kraftstoffschmuggel festgenommenen Bürgermeister

Caracas. Zwei Bürgermeister, zwei Abgeordnete der Nationalversammlung und eine Reihe mutmaßlicher Komplizen sind in der vergangenen Woche bei aufsehenerregenden Maßnahmen der Sicherheitsbehörden festgenommen worden.

Offizielle Mitteilungen der letzten Tage informierten über die Entwicklungen im Rahmen der Operation mit dem Codenamen "Eiserne Faust".

Am Donnerstag wurde Keyrineth Fernández, Bürgermeisterin der Gemeinde Jesús María Semprún im Bundesstaat Zulia, in Cumarebo im Bundesstaat Falcón festgenommen. Sie transportierte Berichten zufolge sieben Kilogramm Kokain in ihrem Auto. Fernández wurde bei den regionalen "Megawahlen" am 21. November auf dem Ticket der regierenden Sozialistischen Partei (PSUV) wiedergewählt, wobei ihr Betrug und Unregelmäßigkeiten vorgeworfen wurden.

Nach Angaben der venezolanischen Drogenbekämpfungsbehörde (Sunad) war die Verhaftung eine von mehreren, die "einem Drogenhändlerring, der in den Bundesstaaten Zulia und Falcón operierte, einen schweren Schlag versetzte".

"Die Ermittlungen dauern noch an und könnten zu neuen Festnahmen führen, über die zu gegebener Zeit berichtet wird", hieß es in der Erklärung. Die Sicherheits- und Nachrichtendienste führten aktuell einen "Kampf gegen Drogenhandel und Korruption" auf venezolanischem Gebiet durch.

Taina González, PSUV-Abgeordnete aus dem Bundesstaat Zulia, wurde am vergangenen Donnerstag ebenfalls verhaftet. Einer der mutmaßlichen Mittäter von González und Fernández soll Luis Viloria Chirinos sein. Obwohl er in dem Sunad-Kommuniqué als Abgeordneter des Bundesstaates Táchira bezeichnet wird, kandidierte Viloria tatsächlich bei den Parlamentswahlen im Dezember 2020 auf der Liste der Oppositionspartei Primero Venezuela (PV) im Bundesstaat Trujillo, wurde aber nicht gewählt.

Viloria, der Berichten zufolge in der Vergangenheit in beratender Funktion für Oppositionspolitiker wie den ehemaligen Parlamentspräsidenten Luis Parra tätig war, wurde bereits im November 2021 im Bundesstaat La Guaira wegen des Besitzes von 400 Kilogramm Kokain verhaftet.

Zusammen mit dem politischen Funktionär wurden damals auch Robert De Jesús Montaña Viloria (nicht verwandt) und Victor Cano Páez festgenommen. Inoffizielle Quellen behaupten, dass Cano Paéz, ein kolumbianischer Staatsbürger, für die kolumbianische Drogenhändlergruppe "Timberland 404" arbeitet. Timberland 404 würde Kokain in venezolanisches Hoheitsgebiet bringen, um es zu verkaufen oder in andere Länder zu exportieren. Dieselben Quellen bezeichnen Montaña Viloria als "Drahtzieher" der Operation und als die Person, die für die Anwerbung von öffentlichen Funktionsträgern für das Netzwerk verantwortlich ist.

Alternative Medien wie La Tabla behaupteten, eine weitere Abgeordnete der Nationalversammlung, Jeycar Pérez aus dem Bundesstaat Apure, sei ebenfalls Mitglied des kriminellen Rings. Sie wurde am 6. Januar in Haft genommen. Pérez gehört der Partei Organización Renovadora Auténtica (ORA) an, einer evangelikalen politischen Organisation, die in der Vergangenheit mit der PSUV verbündet war.

Giancarlo di Martino, ein Politiker aus Zulia, der bereits mehrere Ämter bekleidet hat, schrieb auf Twitter, dass es bisher 16 Festnahmen gegeben habe und dass es die Aussagen von Pérez gewesen seien, die dazu geführt hätten. Er berichtete auch über die Verhaftung eines weiteren Politikers, des Gemeinderats Jean Carlos Silva aus dem Bundesstaat Táchira. Silva gehört der Partei Podemos an, ein weiterer Bündnispartner der PSUV bei Wahlen.

Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts haben die Justizbehörden noch nicht bekannt gegeben, welche Anklagen gegen die Festgenommenen erhoben werden.

Auf die Ankündigung der Anti-Drogen-Operation folgte bald eine Pressemitteilung, die die Bemühungen um die Zerschlagung einer Gruppe von Treibstoffschmugglern im Osten Venezuelas dokumentierte. Diese Maßnahmen liefen ebenfalls unter der Operation "Eiserne Faust".

"Ein gefährliches Netzwerk, das sich der Förderung, dem Schmuggel und dem illegalen Verkauf von Treibstoff im Bundesstaat Anzoátegui widmet, wurde zerschlagen", heißt es im Kommuniqué der Kommission Alí Rodríguez Araque, einem vom Präsidenten Venezuelas ernannten Gremium, das mit der Reorganisierung der Ölindustrie des Landes beauftragt ist.

Die Erklärung erwähnt eine Handvoll hochkarätiger Verhaftungen am Freitag, darunter Carlos Rafael Vidal, PSUV-Bürgermeister der Gemeinde Independencia im Bundesstaat Anzoátegui, Manoel Gil da Silva, Staatsanwalt im Bundesstaat Bolívar, sowie Antonio Barrios González, Hauptmann der Nationalgarde.

"Die Präsidialkommission Alí Rodriguez Araque weist die schändliche Beteiligung von Staatsbeamten an diesen Verbrechen gegen die Nation zurück. [...] Es wird keinen Waffenstillstand im Kampf gegen die Korruption geben", heißt es in dem Text weiter.

Vidal wurde wie Fernández kürzlich für eine zweite Amtszeit in der rund 30.000 Einwohner zählenden Stadt im Bundesstaat Anzoátegui gewählt. Die venezolanischen Wahlbehörden haben sich nicht zu den Verhaftungen geäußert. Das Gesetz fordert in solchen Fällen Neuwahlen für die Ämter.

Der venezolanische Generalstaatsanwalt Tarek William Saab bestätigte später, dass die Operation gegen die "Treibstoffschmuggelmafia" in den Bundesstaaten Anzoátegui und Bolívar zu insgesamt 13 Verhaftungen geführt habe. Er erklärte, dass die Festgenommenen unter anderem wegen Terrorismus, Veruntreuung, Schmuggel, Korruption und Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt würden.

Präsident Nicolás Maduro hatte in seiner jährlichen Rede vor der Nationalversammlung am 15. Januar die Justizbehörden aufgefordert, den Treibstoffschmuggel ins Visier zu nehmen.

Die Verhaftungen lösten eine Debatte in den sozialen Medien und unmittelbare Reaktionen einiger PSUV-Führungskräfte aus.

"Es wird keine Kompromisse mit Kriminellen geben", twitterte der Vizepräsident der PSUV und Parlamentsabgeordnete Diosdado Cabello am Freitag. "Wir sollten null Toleranz gegenüber korrupten Beamten haben, egal wer sie sind."