Chile / Politik

Chile: Wahl wegen Corona endgültig verschoben, Lockdown wird verschärft

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Piñera unterschreibt Gesetzestext
Chiles Präsident, Sebastián Piñera, hat den Gesetzestext zur Verschiebung der Wahlen unterschrieben

Santiago. In der Nacht zum Mittwoch hat die chilenische Regierung das Gesetz zur Verschiebung der ursprünglich für kommenden Sonntag geplanten Wahlen auf den 15. und 16. Mai veröffentlicht. Die beiden Parlamentskammern hatten eineinhalb Wochen über den Gesetzestext und begleitende Maßnahmen diskutiert. Um die Wahlen im Mai durchführen zu können, verschärfte die Regierung am 5. April den derzeit geltenden Lockdown.

Die endgültige Verschiebung der Wahlen dauerte unter anderem deswegen so lang, da die Opposition verschiedene begleitende Maßnahmen verlangte, um demokratische Wahlen garantieren und die Infektionszahlen bis Mai senken zu könnenn.

Der Gesetzesvorschlag verlangte im Original unter anderem eine Suspendierung der Wahlkampagnen, die Erklärung der Wahltage zu Feiertagen und eine kostenlose Nutzung des öffentliche Nahverkehr an beiden Tagen. Das Parlament lehnte dank Stimmenthaltungen einzelner Politiker:innen der Opposition diese Vorschläge ab. Die sozialistische Abgeordnete Maya Fernández kommentierte daher auf ihrem Twitteraccount, "die Rechte ist an keiner wirklichen Erhöhung der Wahlbeteiligung interessiert".

Zusätzlich verlangte die christdemokratische Senatspräsidentin Yasna Provoste schon bei Ankündigung der Verschiebung der Wahlen, dass der derzeitige Lockdown verschärft wird und begleitende soziale Maßnahmen verabschiedet werden. Izkia Siches, die Präsidentin der Ärzt:innenkammer, hatte zuvor die chilenische Version des Lockdowns aufgrund seiner Verwässerung als "einen der schlechtesten auf der Welt" bezeichnet.

Die Regierung reagierte darauf mit der Ankündigung eines Notlohns, der eine Zahlung von etwa 120 Euro vorsieht, sowie eines einmaligen Bonus von etwa 600 Euro. Laut Regierungsangaben sollen rund zehn Millionen Menschen der 18 Millionen Einwohner:innen Chiles Anrecht auf das Geld haben.

Ab dem 5. April verschärfte die Regierung zusätzlich den Lockdown. Verschiedene Industriesektoren bekamen ihre Sondergenehmigung zur Präsenzarbeit aberkannt. Zudem dürfen Läden nur noch Alltagsgegenstände verkaufen. Die Landesgrenze bleibt über den April geschlossen. Das Land darf nur noch im Ausnahmefall verlassen werden. Ankommende Einwohner:innen müssen die ersten vier Tage auf eigene Kosten in einem Hotel verbringen.

Die unklare Formulierung der neuen Bestimmungen führte in der ersten Woche zu Unstimmigkeiten. So meldeten Konsument:innen, dass sie keine Unterwäsche, Hygieneartikel oder Katzenstreu mehr einkaufen dürften. Baumaterialien werde aber weiterhin verkauft.

Das Journalist:innenkammer kritisierte zudem als "eine Einschränkung der Pressefreiheit", dass seit dem 5. April nur noch Mitglieder der Kammer mit einer offiziellen Ausbildung und Angestellte anerkannter Medienhäuser sich frei auf den Straßen bewegen können. Freischaffende Journalist:innen und Mitglieder alternativer und selbstverwalteter Medienhäuser können sich seit Beginn der neuen Bestimmungen nicht mehr frei bewegen.

Trotz erfolgreicher Impfkampagne kämpft Chile derzeit mit steigenden Zahlen und überfüllten Krankenhäusern aufgrund des Coronavirus. Nach Regierungsangaben wird erst im Juni die kritische Masse an Impfungen erreicht, um eine Herdenimmunität zu erlangen. Die Hoffnung zielt darauf, dass erste Auswirkungen der Impfkampagne sich bereits im April bemerkbar machen und der Lockdown ausreicht, um die Wahlen im Mai durchzuführen.