Mexiko: Mutmaßlicher Hintermann im Fall Ayotzinapa freigesprochen

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In Mexiko freigesprochen: Gildardo López Astudillo, alias "El Gil"
In Mexiko freigesprochen: Gildardo López Astudillo, alias "El Gil"

Mexiko-Stadt. Im mexikanischen Bundesstaat Tamaulipas ist der mutmaßlich wichtigste Hintermann eines Skandals um Dutzende verschwundenen Lehramtsstudenten freigesprochen worden. Der Freispruch von Gildardo López Astudillo, alias "El Gil", durch Richter Samuel Ventura Ramos wird seither massiv kritisiert.

In der Nacht von 26. zum 27. September 2014 waren 43 Lehramtsstudenten aus der südmexikanischen Ortschaft Ayotzinapa von Bundespolizisten angegriffen und verschleppt worden. Seitdem sind sie verschwunden.

Der Richter hat 44 Beweise zurückgewiesen und argumentiert, es gebe keine überzeugenden Indizien gegen López Astudillo gäbe. Zudem habe die Generalstaatsanwaltschaft keine neuen Beweise gegen den Angeklagten vorgelegt, so der Richter.

Gildardo López Astudillo hatte während der Ermittlungen ausgesagt: "Die Lehramtsstudenten werden nie gefunden, weil ich sie zu Pulver gemacht habe." Dieser Aussage ist der Richter nicht nachgegangen, mit dem Argument, sie sei unter Anwendung von Folter abgegeben worden. Dem widersprachen allerdings medizinische Gutachter.

Zudem hat der Richter nur 192 der insgesamt 700 Ermittlungsakten geprüft. Auch hat er für das Urteil nicht berücksichtigt, dass in dem Moment des Verbrechens "El Gil" der Anführer der Kriminalbande "Los Guerreros Unidos" gewesen ist. Laut der offiziellen Erklärung haben in der Nacht zum 27. September Bundespolizisten die Lehramtsstudenten an Mitglieder von "Los Guerreros Unidos" übergeben. Diese sollen die jungen Männer umgebracht haben.

Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador hat in einer seiner täglichen Pressekonferenz den Freispruch von "El Gil" scharf kritisiert. Der Staatssekretär für Menschenrechte, Alejandro Encinas, drückte während der Pressekonferenz seine Sorgen darüber aus, weitere Angeklagte im Fall Iguala könnten ebenfalls freigesprochen werden. Zusammen mit "El Gil" sind Joaquín Lagunas Franco, alias "El Omega", Juan de la Puente Medina und Oscar Valeros Segura, Mitglieder der organisierten Kriminalität, freigelassen worden. Daher werde er Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Richter und die Staatsanwälte einlegen, die im Fall Iguala ermitteln. "Alles deutet darauf hin, dass es eine Absprache zwischen Täter und Richter gibt", so Encinas.

Der Freispruch von "El Gil" ist auch bei mexikanischen Menschenrechtsorganisationen auf Kritik gestoßen. Serapaz und CentroProdh veröffentlichten in den sozialen Medien: "Das Urteil ist die Folge ineffizienter Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft, die nicht willens ist, im Fall Iguala richtig zu ermitteln. Das könnte dazu führen, dass weitere wichtige Angeklagte freigesprochen werden". CentroProdh begrüßt die Bereitschaft der Regierung, das Verbrechen zu klären. Aber sie betont: "Es muss entschieden und schnell gehandelt werden. Die entsprechenden Behörden sollen die Arbeit der Ermittlungskommission unterstützen." Diese Ermittlungskommission für die Wahrheit und den Zugang zu Gerechtigkeit wurde unter der amtierenden Regierung eingerichtet.

Die Eltern der verschwundenen jungen Männer begrüßen diese neue Kommission. Sie sehen aber mit Sorge, dass die Ermittlungen nur sehr langsam vorangehen. "Es sieht so aus, dass nur Alejandro Encinas agiert. Der Staat unternimmt nichts Konkretes, um die 43 Lehramtsstudenten zu finden", so Hilda Hernández, eine der 43 Mütter.