Getöteter Mapuche-Aktivist bei Polizeioperation in Argentinien

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Einheiten der Bundespolizei sperrten das gesamte Gebiet, um die flüchtenden Aktivisten aufzuspüren
Einheiten der Bundespolizei sperrten das gesamte Gebiet, um die flüchtenden Aktivisten aufzuspüren

Bariloche. Einheiten der argentinischen Bundespolizei haben am Samstag auf flüchtende Mapuche-Aktivisten nahe Bariloche im Süden des Landes geschossen, wobei ein 22-jähriger Mann zu Tode kam. Zwei weitere Personen wurden durch die Schüsse verletzt, eine davon schwer. Zuvor war von den Behörden eine Landbesetzung gewaltsam geräumt worden. Erst kürzlich hatte das Nationalparlament in Buenos Aires das Gesetz zur Aussetzung von Besetzungsräumungen verlängert.

Bei dem Toten soll es sich laut der Tageszeitung Página12 um den 22-jährigen Aktivisten Rafael Nahuel handeln. Er erlag bereits auf dem Weg ins Krankenhaus seinen Schussverletzungen. Schwer verletzt sei eine Frau mit Namen Johana Colhuan. Über die Identität der weiteren verletzten, männlichen Person ist bislang nichts bekannt. Beide werden derzeit im nahegelegen Gebietskrankenhaus von San Carlos de Bariloche versorgt. Auch der Direktor, Leonardo Gil, bestätigte den Tod einer männlchen Person, sein Leichnam befände sich aber in den Händen der staatlichen Stellen.

Wie das Netzwerk zur Unterstützung der Gemeinden in Konflikt (ApoyoMap) berichtet, stehen die Ereignisse in direktem Zusammenhang mit der gewaltsamen Räumung der indigenen Gemeinde Lafken Winkul Mapu am Donnerstag. Auf dem Gelände des Nationalpark Villa Mascardi hatten Mapuche am 11. November Land besetzt, das sie als ihr historisches Erbe betrachten. Bei der Räumung wurden 30 Mapuche festgenommen, darunter sechs Kinder. Drei Personen, zwei Männern und einer Frau, gelang zunächst die Flucht. 

Die Polizeikräfte gingen bei der Räumung nach Augenzeugenberichten äußerst brutal vor. "Alles fing um 4.30 Uhr an," so Maria Nahuel in einem in sozialen Netzwerken verbreitetem Statement: "Sie weckten uns mit einem Kugelhagel. Sie fingen damit an, uns zu misshandeln und wir haben uns verteidigt. Aber wir hatten keine Waffen oder sonst etwas und es waren Kinder da. Sie schossen ohne zu wissen auf wen, und auf die Kinder warfen sie Tränengas."

Nachdem die Besetzung geräumt war, begann eine regelrechte Hetzjagd auf die Flüchtenden, bei der mehr als 300 Polizisten im Einsatz waren und das gesamte Gebiet großflächig für den öffentlichen Verkehr gesperrt wurde. Am Samstag bestätigten sowohl Stimmen aus der Justiz als auch Anwälte der Gemeinde Lafken Winkul Mapu den Tod einer Person sowie zwei Verletzte durch Schusswaffen. Die Anwältin des Permanenten Menschenrechtsrates (APDH), Natalia Araya, die sich während des Polizeieinsatzes vor Ort befand, nannte den Einsatz eine "rassistische Jagd" auf das Volk der Mapuche.

Die Ereignisse fanden just am Tag der Trauerfeier für den Mapuche-Aktivisten Santiago Maldonado statt, der nach 78 Tagen tot im Fluss Chubút aufgefunden wurde. Er war zuvor bei einer Protestaktion der Mapuche-Gemeinde Pu Lof gewaltsam verschwunden. Laut Página12 war der Staatssekretär für die Kooperation staatlicher Stellen, Gonzalo Cané, beim Einsatz in Bariloche ebenfalls anwesend. Er war damals von der Regierung in Buenos Aires nach Chubút entsandt worden, um die Untersuchungen zum Verschwinden Santiago Maldonados zu beraten.

Erst Anfang der Woche war das zuvor vom Nationalparlament verlängerte Notgesetz bezüglich Besitz und Eigentum von Land (Ley 21.160) von Präsident Mauricio Macri per Dekret bestätigt worden. Demnach sollen juristische Verfahren und Räumungen von Besetzungen gegen Indigene für vier weitere Jahre ausgesetzt werden, bis das Nationale Institut für Indigene Angelegenheiten über die Anerkennung des jeweiligen Territoriums als ursprünglich indigenes Land entschieden hat.

Die Onlinezeitung Mapuexpress veröffentlichte noch am Samstag einen Kommentar in dem sie beklagte: "Es ist nicht so, dass es 'einen Toten gibt'. Er wurde vom Repressionsapparat der Regierung Mauricio Macris ermordet". In mehreren Städten in Argentinien und Chile wurde zu Protesten aufgerufen.