Zweifel an menschenwürdiger Behandlung von inhaftierten Farc-Mitgliedern in Kolumbien

935dbd09c0a7727e2143877810820513_xl.jpg

2016 sind mindestens sechs Angehörige der Farc im Gefängnis gestorben
2016 sind mindestens sechs Angehörige der Farc im Gefängnis gestorben

Bogotá. Die Guerillaorganisation Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens (Farc) hat Zweifel an einem menschenrechtlich angemessenen Umgang von ehemaligen Mitgliedern dieser Rebellenorganisation in kolumbianischen Gefängnissen geäußert. So wurde in das Friedensabkommen zwar eine Übergangsjustiz für die rechtliche Aufarbeitung und das Strafmaß bei Verurteilungen von früheren Farc-Angehörigen aufgenommen. Doch stellen einige dokumentierte Fälle aus der jüngsten Vergangenheit zumindest infrage, ob der kolumbianische Staat und die in dessen Verantwortung stehenden Behörden gewillt und in der Lage sein werden, den ehemaligen Guerilleros eine faire und gerechte Behandlung zukommen zu lassen. 

Schon vor dem Abschluss des Friedensabkommens hatten die Farc regelmäßig auf Missstände im Umgang mit Häftlingen in kolumbianischen Gefängnissen hingewiesen. Vor wenigen Monaten dokumentierten sie exemplarisch den Fall des politisch Gefangenen Arnoldo Guilombo Perdomo. Im August hatte sich sein Gesundheitszustand so verschlechtert, dass befürchtet werden musste, er würde in der Haftanstalt versterben. Obgleich die Hintergründe des kritischen Gesundheitszustandes nicht vollends klar waren, versuchten die Farc zumindest darauf aufmerksam zu machen, dass Perdomo jegliche medizinische Hilfe von Seiten des Gefängnisses "La Picota" in Bogotá versagt wurde.

Im Oktober waren zudem Vorgänge aus dem Gefängnis "Villahermosa" in Cali bekannt geworden. Dabei soll es vermehrt zu gewaltsamen Übergriffen auf politische Gefangene gekommen sein. Auch Zellen von den Farc nahestehenden Inhaftierten sollen gezielt verwüstet worden sein. Außerdem wurden von Angestellten des Gefängnisses Flugblätter verteilt, deren Inhalt große Bedenken in Bezug auf einen fairen Umgang mit allen Gefangenen aufwirft. Darin wurde Farc-Mitgliedern gedroht. "Es interessiert uns nicht, dass ihr euch in einem Prozess für ein Friedensabkommen befindet, hier [im Gefängnis] gibt es keine politischen Gefangenen, hier sind alle Straßenkinder", so ein Satz aus dem Flugblatt, das von der Gefängnisbehörde Calis unterschrieben war.

Ein weiterer besorgniserregender Fall, der Zweifel am Willen der kolumbianischen Regierung schürt, für Menschenrechte einzustehen und diese unter Umständen auch mit grundlegenden Umstrukturierungen und Reformen der entsprechenden Behörden durchzusetzen, betrifft Vorgänge im Gefängnis "La Modelo" in Bogotá. In den Jahren 1999-2001 wurden mit hoher Wahrscheinlichkeit etwa 400 Menschen, Inhaftierte wie auch Besucher des Gefängnisses, gekidnappt oder getötet (amerika21 berichtete). Obwohl seither immer wieder von Menschenrechtsgruppen auf diesen Verdacht hingewiesen wurde, haben erst Aussagen von ehemaligen Paramilitärs dazu geführt, dass die Staatsanwaltschaft 15 Jahren später Ermittlungen aufnimmt.

Dokumentierte Fälle wie diese werfen ein dunkles Licht auf die Unabhängigkeit einiger staatlicher Behörden. Von Jahresbeginn bis August dieses Jahres hatten die Farc sechs Todesopfer aus ihren Reihen in den Gefängnissen zu beklagen. Wenn es nun im Zuge der Umsetzung des Friedensabkommen durch die Sondergerichtsbarkeit zu vermehrten Verurteilungen von FARC-Mitgliedern kommt, muss zumindest stark angezweifelt werden, ob der kolumbianische Staat seiner Verantwortung in Bezug auf Wahrung der Menschenrechte gerecht werden kann und will.

Wenn Sie über diesen Artikel mitdiskutieren wollen, nutzen Sie bitte die Kommentarfunktion auf unserer Facebook-Seite oder folgen Sie einfach diesem Link