Sondergericht in Kolumbien verurteilt FARC-Spitze zu gemeinnütziger Arbeit

Urteil gegen sieben ehemalige Kommandeure des Sekretariats der Guerilla. Keine Haft, UN überwacht Umsetzung. 450 Morde an Unterzeichnern des Friedensabkommens

jep_urteil.jpeg

Das Sondertribunal hat das Urteil gegen sieben ehemalige FARC Kommandeure gesprochen
Das Sondertribunal hat das Urteil gegen sieben ehemalige FARC Kommandeure gesprochen

Bogotá. Die Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP) in Kolumbien hat am 16. September das Urteil gegen ehemalige Mitglieder des letzten Sekretariats der aufgelösten FARC-EP (Bewaffnete Revolutionäre Streitkräfte-Armee des Volkes) verkündet. Die Angeklagten, sieben ehemalige Kommandeure aus dem letzten Sekretariat der FARC, wurden wegen Entführungen, die zwischen 1993 und 2012 begangen wurden, zu acht Jahren gemeinschaftlicher Arbeit verurteilt.

Das Sondertribunal JEP wurde nach der Demobilisierung der FARC und dem Friedensabkommen 2016 ins Leben gerufen und soll der Wiedergutmachung für die Opfer, dem Aufbau des Friedens und der Verhinderung neuer bewaffneter Auseinandersetzungen dienen.

Die Strafe bedeutet keine Gefängnisstrafe, sondern die Durchführung von Arbeiten und Maßnahmen mit reparativem Charakter zugunsten von Gemeinden und Opfern. Dazu gehören humanitäre Minenräumung, Wiederaufbau von Infrastruktur, produktive Projekte, die ökologische Sanierung von Gebieten, Unterstützung bei der Suche nach Verschwundenen in Zusammenarbeit mit der Suchkommission sowie Beiträge zur historischen Aufarbeitung durch öffentliche Anerkennung der Verantwortung.

Das 663 Seiten umfassende Urteil ehrt die Opfer und dokumentiert 21.936 Fälle von Entführung. Die JEP betonte, dass ihr Ansatz nicht strafend, sondern wiederherstellend sei: "Arbeiten, die das durch den Krieg Zerstörte reparieren und zur Versöhnung des Landes beitragen." Weiter heißt es, "wir verhängen keine Urteile, um jemanden in den Schatten zu stoßen, sondern um neue Wege zu erhellen".

Für die Verlesung des Urteils war Richter Camilo Suárez von der Wahrheitskammer des Friedensgerichts verantwortlich. Die Entscheidung sieht eine sogenannte "eigene Sanktion" von acht Jahren für die sieben ehemaligen FARC-Kommandanten vor: Rodrigo Londoño, Pablo Catatumbo, Pastor Alape, Miltón Toncel, Jaime Parra, Julián Gallo und Rodrigo Granda. Sie alle wurden als Hauptverantwortliche und Täter von Kriegsverbrechen, Geiselnahmen, Tötungen, erzwungenem Verschwindenlassen und weiteren Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft.

Keine Werbung, keine Paywall, aber trotzdem Nachrichten aus Lateinamerika?

Das geht nur mit den Spenden unserer Leserinnen und Leser. Unterstützen Sie uns jetzt.

Das Urteil wurde in Anwesenheit von Vertretern der UN-Verifikationsmission, des Internationalen Strafgerichtshofs und des Interamerikanischen Menschenrechtssystems verlesen.

Die Einhaltung der Sanktionen für die Verurteilten soll von der UN-Verifikationsmission durch Geolokalisierungssysteme und regelmäßige Berichte überwacht werden. Die Ex-Kommandanten müssen in der Nähe der Einsatzgebiete wohnen, behalten ihre politischen Rechte und dürfen weiterhin für die Partei Comunes werben. Allerdings stellte die JEP klar, dass die Verpflichtungen aus den Sanktionen Vorrang vor politischen Aktivitäten haben. Zudem forderte das Gericht, die Sicherheitsvorkehrungen für die Betroffenen angesichts möglicher Risiken zu verstärken.

Die Sicherheit der ehemaligen Kämpfer, die das Friedensabkommen unterzeichnet haben, bleibt eine der größten Herausforderungen für die Konsolidierung des Prozesses. Nach Angaben nationaler und internationaler Organisationen sind seit 2016 450 Unterzeichner des Friedensabkommens ermordet worden, viele weitere haben Drohungen erhalten. Damit steht nicht nur ihr Leben auf dem Spiel, sondern auch das Vertrauen in die Umsetzung des Abkommens. JEP und UN haben betont, dass ihr Schutz eine unverzichtbare Bedingung sei, damit der Frieden dauerhaft Bestand haben könne und sich der Kreislauf der Gewalt nicht wiederhole.

Die Entscheidung unterstreicht die Rolle der JEP im Kampf gegen Straflosigkeit und bei der Festigung des Friedens in Kolumbien. Mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen 2026 könnte das Urteil erheblichen Einfluss auf die öffentliche Wahrnehmung von Versöhnung und die politische Zukunft des Landes haben.