Kolumbien / Politik / Militär

FARC fordern Reform des Militärs in Kolumbien

Rebellen rühren an das Tabu Militär- und Polizeireform. Kommuniqué erläutert Agenda der Friedensdelegation in Havanna für die nächsten Gespräche

jesus_santrich.png

FARC-Kommandant Jesús Santrich verlas das Kommuniqué vor Medienvertretern in Havanna
FARC-Kommandant Jesús Santrich verlas das Kommuniqué vor Medienvertretern in Havanna

Havanna, Bogotá. Die Delegation der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) bei den Friedensgesprächen hat zum Start der Verhandlungen im neuen Jahr ihre Verpflichtung bekräftigt, sich in eine politische Bewegung umzuwandeln, und gleichzeitig Vorschläge für eine Reform von Militär und Polizei in dem südamerikanischen Land präsentiert. Zudem erneuerten die Rebellen die Forderung nach einem unverzüglichen bilateralen Waffenstillstand.

Ein am Samstag in Havanna der internationalen Presse übergebenes Kommuniqué titelt mit "Vorschlag zur Vorbeugung und für reale Garantien der Nichtwiederholung". Dies bezieht sich auf das Scheitern des vorangegangenen Versuchs der Beendigung des internen bewaffneten Konflikts vor einem Vierteljahrhundert, als innerhalb von vier Jahren Tausende Mitglieder und Führungsfiguren der neu entstandenen legalen politischen Parteien von Paramilitärs und staatlichen Kräften ermordet wurden.

Für die "Überwindung der strukturellen Bedingungen der Gewalt des Systems" müsse eine Entmilitarisierung der kolumbianischen Gesellschaft erreicht werden, heißt es im Text der FARC-Delegation. Militär und Polizei sowie die Geheimdienste müssten sich von der traditionellen Aufgabe der Aufstandsbekämpfung verabschieden, die "Doktin der Nationalen Sicherheit" müsse beendet werden. Diese Doktrin war über Jahrzehnte die ideologische, vom geopolitischen Denken der USA geprägte und inspirierte Klammer zwischen den verschiedenen Militärdiktaturen in Lateinamerika, die jegliche linken und gewerkschaftlichen Kräfte bekämpften.

Demgegenüber fordert die Guerilla "eine neue politische Kultur, die soziale Konflikte anerkennt, demokratisch reguliert und den Schutz von Menschenrechten fördert". Dem Militär bleibe zukünftig die Aufgabe der Verteidigung der Souveränität des Landes und der Sicherung der Landesgrenzen. Unter anderem schlagen die FARC eine Verkleinerung des kolumbianischen Militärs und das Verbot von ausländischen Militäreinrichtungen auf dem Territorium des Landes vor. Der frei werdende Etat solle für Sozialausgaben und zugunsten der berechtigten Ansprüche der Opfer des Krieges umgewidmet werden. Maßnahmen zur Ausbildung und Rehabilitation des Militärs seien notwendig.

Vertreter der kolumbianischen Regierung äußerten sich bisher nicht zu den jüngsten Vorschlägen der Rebellen. Hingegen reagierte der Präsident der einflussreichen Vereinigung der pensionierten Offiziere, General Jaime Ruiz, unmittelbar und empört. Die Forderung einer Reform des Militärs nannte er "eine Beleidigung der Streitkräfte". "Wir verhandeln nicht von Staat zu Staat, sondern mit dem Feind. Die Streitkräfte und die Polizei sind unverhandelbar", so Ruiz. Iván Cepeda, Senator des linken Polo Democrático, bezeichnete die Vorschläge als "zulässig". Dagegen appellierte Senator Ernesto Macías von der Partei des Ex-Präsidenten Álvaro Uribe, Centro Democrático − die gute Beziehungen zur CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung unterhält − an Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos, den Aufständischen "keine Reformvorschläge für das Militär zu erlauben".