Lage für Oppositionelle in Kolumbien spitzt sich weiter zu

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Carlos Pedraza, Aktivist im Rat der Völker, wurde ermordet
Carlos Pedraza, Aktivist im Rat der Völker, wurde ermordet

Bogotá. Nach dem Mord an Carlos Pedraza, einem Sprecher der Basisbewegung Rat der Völker (Congreso de los Pueblos) in Kolumbien, weisen Menschenrechtsorganisationen und Betroffene darauf hin, dass sich die Lage für Oppositionelle immer mehr verschärft. Paramilitärische Banden hätten eine landesweite Offensive gegen soziale und politische Organisationen und ihre Anführer begonnen, "die für Menschenrechte, Demokratie, die Würde der Opfer und für den Frieden in Kolumbien kämpfen". Auch seitens der FARC gab es ein deutliches Signal, dass die Friedensverhandlungen nur erfolgreich sein können, wenn eine bilaterale Waffenruhe und vor allem ein Ende der Straflosigkeit für Paramilitärs sowie der politischen Verfolgung durchgesetzt werde.

Carlos Pedraza hatte am Nachmittag des 19. Januar 2015 sein Haus in der Gemeinde Molinos II Rafael Uribe von Bogotá in Richtung Teusaquillo verlassen, wo er an einer Versammlung teilnehmen wollte. Er sprach mit einer Familienangehörigen, gab Bescheid, zum Treffen zu gehen und später nach Hause zurückzukehren, und verabschiedete sich. Seitdem war er verschwunden. Zwei Tage später wurde sein Leichnam von Polizisten in einem unbewohnten Gebiet der Gemeinde San Bartolomé gefunden. Offiziell hieß es, er habe bei einem Motorradunfall eine Kopfverletzung erlitten.

Erst auf Drängen verschiedener Organisationen gaben Rechtsmedizin und Polizei zu, dass der Tod durch einen Schuss in den Hinterkopf herbeigeführt worden ist. Aus dem am vergangenen Montag vorgelegten rechtsmedizinischen Gutachten geht hervor, dass Pedrazas Tod "vom Projektil einer Waffe verursacht wurde. Die Verletzung am Schädel wurde aus kurzer Entfernung von hinten nach vorne mit einem Kleinkaliber herbeigeführt." Pedraza hatte keine persönlichen, beruflichen oder politischen Verbindungen in der Region des Fundortes, einer Gemeinde 60 Kilometer von der Hauptstadt entfernt. Er hatte weder Geld noch Wertsachen bei sich, war nur mit seinem Mobiltelefon aus dem Haus gegangen, das allerdings am Tatort nicht gefunden wurde. Diese Tatsachen bestätigen die Hypothese, dass Pedraza Opfer eines politischen Mordes wurde.

Die Beerdigung des Aktivisten am 24. Januar nahm die linke Bewegung Kolumbiens zum Anlass, die Aufklärung des Verbrechens, die Bestrafung der Verantwortlichen und Gerechtigkeit zu fordern. Der Beerdigungszug wurde zu einer Massendemonstration, an der auch linke Prominenz teilnahm. Die Redner wiesen immer wieder auf den Kontext des Mordes hin. Pedraza und viele seiner Mitstreiter waren zuvor wiederholt von paramilitärischen Gruppen wie den Aguilas Negras mit dem Tode bedroht worden. Der Rat der Völker hatte sich deshalb am 17. Januar mit der Forderung an die Regierung gewandt, sofort Maßnahmen zum Schutz seiner Aktivisten zu ergreifen. Die staatlichen Behörden unternahmen aber nichts. Dadurch, so Menschenrechtsorganisationen wie Movice, biete die Regierung den Tätern ein politisches Schlupfloch. Das vollständige Fehlen einer staatlichen Reaktion wird gerade im Kontext der Friedensverhandlungen von vielen Seiten kritisiert.

Erst aufgrund des starken öffentlichen Drucks durch die Demonstrationen, öffentlichen Briefe und Beschwerden nach dem Mord an Pedraza kündigte Präsident Juan Manuel Santos an, sowohl die Morddrohungen als auch die von den Aguilas Negras verübten Morde zu untersuchen. Gegen die Paramilitärs werde entschieden vorgegangen, beteuerte er.