Kuba

Streit um verstorbenen Häftling

Kubanische Regierung kritisiert Umgang mit dem Fall Zapata Tamayo. Unterstützung aus Brasilien und Frankreich

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Streit um verstorbenen Häftling
Kubanische Fahnen vor der US-Interessenvertretung in Havanna

Havanna. Der Tod des Kubaners Orlando Zapata Tamayo sorgt international weiter für Debatten. Der Häftling war am 23. Januar an den Folgen eines 83 Tage währenden Hungerstreiks verstorben, entsprechende Presseberichte wurden inzwischen von kubanischen Medien bestätigt. Der 42-jährige Zapata Tamayo wollte durch den Hungerstreik eine Reihe von Verbesserungen der Haftbedingungen erzwingen. Dazu gehörten unter anderem ein Mobilfunkgerät und eine eigene Küche.

Während der Tod des Häftlings in internationalen Medien - vor allem in den USA und Europa - als schwerer Fall politischer Gewalt interpretiert wird, wehren sich kubanische Stellen gegen diese Darstellung. Zapata Tamayo sei seit 1993 mehrfach zu Haftstrafen wegen krimineller Delikte verurteilt, schreibt der kubanische Journalist Enrique Ubieta in dem Internetportal Cuba Debate. Zuletzt sei er 2003 wegen eines strafrechtlichen Deliktes zu drei Jahren Haft verurteilt wurden - nur knapp zwei Wochen nach seiner letzten Haftentlassung.

Ubieta, Chefredakteur der Debattenzeitung "La Calle del Medio", kritisiert in diesem Zusammenhang auch die spanische Nachrichtenagentur EFE. Sie hatte Zapata Tamayo fälschlicherweise zu einer Gruppe von Regierungsgegnern gezählt, die ebenfalls im März 2003 wegen Zusammenarbeit mit den USA inhaftiert worden war. Die Instrumentalisierung seines Todes sei ein "Ekel erregendes Spektakel".

Brasiliens Staatschef Luiz Inácio "Lula" da Silva hatte bei seinem jüngsten Kuba-Besuch auf die zahlreichen Opfer von Hungerstreiks in den vergangenen Jahren auch außerhalb Kubas verwiesen. Keinem dieser Fälle kam eine solche Aufmerksamkeit zu.

Auch der französische Kuba-Spezialist und Professor an der Pariser Descartes-Universität, Salim Lamrani, kritisiert die Doppelzüngigkeit in der Debatte über Zapata Tamayos Tod, den er als "tragisches Ereignis" bezeichnet. Alleine in Frankreich seien von Jahresbeginn bis Ende Februar 22 Selbstmorde in den Gefängnissen gezählt worden, "eines der Opfer war ein 16 Jahre alter Junge". In Honduras seien seit dem Militärputsch Mitte 2009 "über hundert" politische Morde verübt worden, zählt Lamrani auf, um ebenso auf den Fund des mit 2000 Leichen bislang größten Massengrabes in Kolumbien zu verweisen. Sein Resümee: "Der Selbstmord Orlando Zapata Tamayos ist eine Tragödie und die Trauer seiner Mutter muss respektiert werden. Aber es gibt auch skrupellose Leute. Die Medienkonzerne, Washington und die Europäische Union kümmert sein Tod ebenso wenig wie die täglichen Morde an hunderten Honduranern und Kolumbianern." Zapata sei nur "im Medienkrieg gegen Kuba" nützlich, so Lamrani: "Wenn Ideologie über objektive Informationen siegt, sind Wahrheit und Ethik die ersten Opfer".


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