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Uribes Venezuela-Politik "perfekte Heuchelei"

Wikileaks und Lateinamerika: Präsident Kolumbiens autorisierte geheime Militäreinsätze in Venezuela. Assange kooperiert mit kolumbianischen Medien

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Álvaro Uribe und Hugo Chávez
"Perfekter Heuchler"? Álvaro Uribe bei einem Treffen mit Venezuelas Präsident Chávez 2008

Bogotá. Nach Einschätzungen von US-Diplomaten war die Außenpolitik der Regierung Álvaro Uribes gegenüber Venezuela durch eine Doppelstrategie gekennzeichnet. Das berichtet die kolumbianische Tageszeitung El Espectador mit Verweis auf eine exklusiv veröffentlichte Depesche der US-amerikanischen Botschaft in Kolumbien an das State Department aus dem Jahr 2006. Der Beschreibung der Botschaftsmitarbeiter zufolge, verfolgte Uribe dabei einerseits die Linie einer Annäherung an die Regierung Chávez durch bilaterale Wirtschaftsabkommen. Gleichzeitig autorisierte der damalige Präsident Kolumbiens Militäroperationen auf dem Territorium des Nachbarlandes.

So stellt die US-Botschaft in Kolumbien gleich im ersten Abschnitt ihres Berichts fest, dass Präsident Uribe zwar die anti-amerikanische Haltung von Chávez als "ernstes Problem" sehe, es jedoch für klüger halte den venezolanischen Präsidenten zu "kontrollieren, statt zu konfrontieren". Durch bilaterale Abkommen im Bereich der Energieversorgung solle Chávez zu einem "moderaten Verhalten" gebracht werden.

Gleichzeitig mache sich Uribe aber keine Illusionen über die "anti-demokratische Natur des Chávez-Regimes" und dessen Unwillen und Unfähigkeit in der Bekämpfung von Drogenhandel und Terrorismus, so die Einschätzungen der Verfasser des Berichts. Dank der bilateralen Annäherungsversuche und wirtschaftlichen Integration beider Länder sei es Uribe deshalb möglich, weiterhin auf venezolanischem Territorium gegen die Guerilla der FARC vorzugehen. Dabei wird der kolumbianische Regierungsberater José Gaviria mit den Worten zitiert: "Wir sind die perfekten Heuchler." Gleichzeitig diene der Vorwurf des Aufenthalts von Guerrillaführern auf venezolanischem Gebiet als Druckmittel bei der Einbindung der venezolanischen Regierung in damals geplante Friedensgespräche mit der ELN. "Es ist besser Chávez in diesem Prozess zu haben, als dass er außerhalb Probleme stiftet", heißt es in dem Bericht weiter.

Der Botschaftsbericht ist Teil von 16.000 Dokumenten, die der kolumbianische Tageszeitung El Espectador Anfang dieser Woche von Wikileaks bereitgestellt worden waren. Nach Angaben des Chefredakteurs der Zeitung, Fidel Cono, hatte ihm der Mitbegründer von Wikileaks, Julian Assange, die Dokumente bei einem persönlichen Treffen in London übergeben. Er habe dabei auf den Ausschluss von venezolanischen Medien bei Auswertung der Dokumente bestanden. Laut Cono würde Assange den venezolanischen Medien nicht trauen. In den kommenden Wochen will El Espectador weitere das Nachbarland Venezuela betreffende Geheimdokumente veröffentlichen.