Mexiko / Menschenrechte

Unabhängigkeitsfeiern von Gewalt überschattet

Angriffe auf autonome Gemeinde in Oaxaca. Proteste am Rand der Unabhängigkeitsfeiern

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Protest von Triqui-Indigenas in Oaxaca-Stadt
Protest von Triqui-Indigenas in Oaxaca-Stadt

Mexiko-Stadt. Die groß angelegte Unabhängigkeitsfeier des so genannten "Bicentenario" diente in den südlichen Bundesstaaten offensichtlich zum Übertünchen von Angriffen auf soziale Bewegungen. Während die Scheinwerfer auf die Festlichkeiten zum 200. Jahrestag der Unabhängigkeit gerichtet waren, haben in den Unruheregionen Oaxaca und Guerrero schwere Übergriffe auf soziale Bewegungen stattgefunden.

In Oaxaca eskalierte der Konflikt um San Juan Copala, wo sich drei indigene Organisationen um die Vorherrschaft der symbolträchtigen Gemeinde der Triqui-Indigenen streiten. Unabhängige Quellen über die Situation liegen nicht vor, da die Gemeinde seit November 2009 von Bewaffneten der Nachbardörfer El Rastrojo und La Sabana belagert wird.

Laut Jorge Albino, dem Vertreter des autonomen Bezirks, drangen in der Nacht zum 13. September rund 500 Bewaffnete nach einer zweistündigen Schießerei bis zum Gemeindesitz vor und konnten ihn einnehmen. Die Bewaffneten stehen der Partei der Institutionellen Revolution (PRI) nahe. Die wenigen Familien, die nach der monatelangen Belagerung der Gemeinde noch zum Projekt des autonomen Bezirks halten, wurden aufgefordert, sich innerhalb von 24 Stunden zu ergeben, sonst würden sie niedergemetzelt. Drei Frauen wurden in den letzten Tagen durch Schüsse verletzt.

"Es gibt nichts zu feiern, wir sind immer noch eine Kolonie", fasste ein Demonstrant in Chilpancingo die Stimmung zusammen. In Guerreros Hauptstadt versuchte der Gouverneur Zeferino Torreblanca (PRD), die nächtliche Unabhängigkeitsfeier anzuführen. Doch kaum auf der Bühne, wurde er von einem Großteil des Publikums lautstark niedergeschrien. Nach erstem Zögern verkündete er dann doch die Worte des Priesters Hidalgo, mit denen der Kampf gegen die Spanier vor 200 Jahren begonnen hatte. Das anschließende Glockengeläut, Teil des Rituals, wurde dann aber wegen der allgemeinen Verwirrung über den Volkszorn vergessen.

Schon tagsüber hatten am 15. September 17 Organisationen gegen die Kriminalisierung des sozialen Protests im Bundesstaat Guerrero protestiert. Jüngstes Beispiel ist das Verhaften und Verschwindenlassen des Aktivisten Víctor Ayala Tapia am 14. September. Der Sprecher der Bauernorganisation "Frente Libre Hermenegildo Galeana" wurde nach längerer polizeilicher Überwachung seines Hauses just nach dem Abzug der Patrouillen von bewaffneten Männern in einen Wagen ohne Nummernschild gezerrt und gilt seither als verschwunden. Seine Ehefrau bekam in der Nacht nach der Tat ein Dutzend Drohanrufe der Entführer und am Morgen darauf Besuch von der Polizei, die sie zu der Aussage zwingen wollte, dass die Polizei nichts mit dem Verschwinden ihres Ehemannes zu tun habe.