Wiener Schmonzes zu Venezuela

Mehr Fehler als Text: Die Wiener Zeitung berichtet über eine Demonstration in Caracas

dignidad.jpg

Kundgebung zum "Día de la Dignidad Nacional" am 4.2.2010 in Caracas
Kundgebung zum "Día de la Dignidad Nacional" am 4.2.2010 in Caracas

In der Filmbranche wird einmal jährlich die Goldene Himbeere verliehen, ein Gegen-Oscar, der die schlechteste Leistung "auszeichnet". Würde es einen solchen Preis im deutschsprachigen Tageszeitungsgeschäft geben, dann würde es heißen: "The winner is... Ines Scholz!"

Die Redakteurin der Wiener Zeitung mit der Telefondurchwahl 475 hat es geschafft, in ihrem Text über die letzte Großdemonstration so viel ideologisch verbrämte Propaganda und Falschaussagen unterzubringen, dass wir von amerika21.de nach der Hälfte zu zählen aufgehört haben. Hier eine Auswahl:

Für den gestrigen Donnerstag rief er (die Rede ist von Präsident Hugo Chávez, d.Red.) eine seine Anhänger dazu auf, sich zu einer Solidaritätskundgebung in der Hauptstadt Caracas zu versammeln. "Tag der Würde" taufte er das Straßenspektakel.

Richtig ist: Hier wurde nichts getauft. Der "Día de la Dignidad Nacional", so die offizielle Bezeichnung, wird seit Jahren begangen. Er erinnert an den versuchten Sturz des 1992 herrschenden korrupten Regimes.

Gekommen sind ein paar Hundert.

Eine der lustigsten Aussagen im Text, der wohlweislich nicht mit Bildern der Kundgebung illustriert wurde. Zu sehen ist stattdessen ein Archivbild von Staatschef Chávez. Wir haben oben ein Bild der staatlichen Nachrichtenagentur ABN eingefügt. Kollegin Scholz, zählen Sie mal nach!

Protestiert wird landesweit seit einer Woche nicht nur gegen die Schließung regierungskritischer Sender wie den RCTV, sondern auch gegen die regelmäßigen Stromabschaltungen. Zwei Tote forderten die Zusammenstöße von Studenten und Oppositionellen mit den Sicherheitskräften.

Schon wieder Zählprobleme. Wo kommt der Plural her? RCTV ist ein Sender. Und der wurde nicht geschlossen, sondern von Netz genommen, weil er Mediengesetze missachtet. Andere Stationen, mit denen es Probleme gab, haben sich nach der Sanktionsmaßnahme umgehend um Klärung bemüht und sind wieder zu sehen.

Zu den Toten: Die beiden Jugendlichen starben nicht bei "Zusammenstößen von Studenten und Oppositionellen mit den Sicherheitskräften", sie wurden bei Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten getötet. Einer von ihnen gehörte zudem der sozialistischen Jugendorganisation der regierenden PSUV an. Das passt Kollegin Scholz aber nicht ins Bild.

Seit Monatsbeginn wird auch in Caracas alle zwei Tage der Strom für vier Stunden abgeschaltet.

Stimmt auch nicht. Diese Maßnahme wurde gleich wieder zurückgenommen.

Ergo: Weniger Schmagerl schreiben, mehr berichten.