Handelsblatt vs. Chávez

Richtigstellungen aus dem redblog

Am 15. Februar findet in Venezuela eine Abstimmung über eine Verfassungsänderung statt, welche ermöglicht, dass alle Amtsträger mehrmals gewählt werden dürfen. Für uns EU-Bürger ist eine Abstimmung über eine Verfassung etwas Außergewöhnliches und aus diesem Grund wird der Vorstoß der Venezolaner in unseren Medien sehr kritisch gesehen und oft mit falschen Informationen verfeinert. Ein aktuelles Beispiel für so einen Artikel findet sich in der Tageszeitung Handelsblatt, von Alexander Busch.

Der Artikel beginnt mit der Behauptung, dass Hugo Chávez bei seiner Rede zur Lage der Nation vor der Nationalversammlung die größten Sorgen der venezolanischen Bevölkerung nicht angesprochen hat. Behauptet wird, dass u.a. die hohe Inflation nicht erwähnt wurde. Die Mitschrift der Rede beweist das Gegenteil. Außerdem ist die Inflation kein neues Problem. Mit einer hohen Inflation kämpft Venezuela schon seit Jahrzehnten. Den Höhepunkt erreichte sie in den 90ern. Also vor der derzeitigen Regierung (siehe auch hier).

Ebenso wird behauptet, dass die Verfassungsreform, welche im Jahr 2007 vom venezolanischen Volk abgelehnt wurde, alleine der Wiederwahlmöglichkeit des Präsidenten diente. Ein Blick auf den Reformvorschlag zeigt, dass Wiederwahlmöglichkeit des Präsidenten nur einer von vielen Punkten waren. Außerdem hätte die Amtszeit des Präsidenten von 6 Jahren auf 7 Jahren verlängert werden sollen.

Die diesjährige Verfassungsänderung würde die Wiederwahlmöglichkeit aller wählbaren Ämter ermöglichen und nicht nur dem des Präsidenten. Außerdem würde sich die Amtszeit im Gegensatz zu der Reform 2007 nicht um ein Jahr verlängern. Zusätzlich sollte man erwähnen, dass die Änderung nicht nur von der Nationalversammlung "durchgewunken" wurde, sondern parallel für das Vorhaben 6,6 Millionen Unterschriften gesammelt wurden.

Laut Alexander Busch zeigen Umfragen, dass 52 bis 57 Prozent der Befragten die Wiederwahl ablehnen. Wer sich die Umfragen von den verschiedenen Institute ansieht merkt schnell, dass die Zahlen veraltet sind oder von dubiosen Meinungsforschungsinstituten stammen. Laut IVAD und GIS-21, zwei Institute die bei den vorherigen Wahlen mit sehr genauen Prognosen aufgefallen sind, führen die Anhänger der Verfassungsänderung (54 - 55,9%). Selbst das oppositionsnahe Institut Datanálisis spricht von einer kleinen Mehrheit für das "Ja". Lediglich Hinterlaces spricht von einer Mehrheit des "Neins".

Gewagt ist auch die These von einer "erstarkenden Opposition". Die Regionalwahlen im Jahr 2008 bewiesen, dass Chávez' "Partido Socialista Unido de Venezuela" die mit Abstand beliebteste und erfolgreichste Partei in Venezuela ist. Bei den Wahlen konnten die Sozialisten ca. 77% der Bundesstaaten gewinnen und 81% der Bürgermeister Posten. Zwar überraschte die Opposition in der Hauptstadt und den Bundesstaaten Carabobo, Táchira und Miranda, aber ob das hilfreich für das kommende Referendum ist, ist fraglich, denn nach dem Sieg der rechten Parteien gab es von deren Anhänger Übergriffe gegen Sozialprogramme der Regierung.

In einem Punkt hat der Artikel recht: 2009 wird für die venezolanische Wirtschaft sicher ein schweres Jahr, aber das ist bei einer Weltwirtschaftskrise auch nicht wirklich abnormal.


Sie finden den Beitrag im Original bei einfach-uebel.com. Hinweis von Redblog.