Kolumbien / Politik

Gesetzliche Verankerung der Friedensjustiz in Kolumbien erneut im Senat blockiert

Abgeordneter Asprilla: Verzögerungstaktik der Regierung während des gesamten Verfahrens zur Legalisierung des Friedensabkommens

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Farc-Mitglieder in einem der Übergangslager
Farc-Mitglieder in einem der Übergangslager

Das Trauerspiel der "Operation Schneckentempo" im kolumbianischen Senat geht weiter seinen Gang. Bei der dritten und letzten Lesung der Gesetzesvorlage zur Sonderjustiz für den Frieden herrschte auf den Sitzen der Volksvertreter gähnende Leere. So konnte das Gesetz auch dieses Mal nicht verabschiedet werden, die Kammer war beschlussunfähig. Von den nötigen 83 Senatoren waren nur 81 anwesend. Die Regierungspartei des Präsidenten Juan Manuel Santos hat eigentlich eine bequeme Mehrheit im Senat, denn sie wurde mit dem expliziten Mandat gewählt, den Friedensprozess in Kolumbien durchzuführen. Der fehlende politische Wille der Regierung Santos, ihn auch in die Tat umzusetzen, wurde erneut deutlich.

Nach Meinung von Inti Asprilla, dem Abgeordneten der Grünen Partei Kolumbiens, ist die Beschlussunfähigkeit nicht alleine den Senatoren anzulasten, sondern direkt Schuld der Regierung. Sie habe die formalen Schritte für die Verabschiedung des Gesetzeswerkes im Senat nicht rechtzeitig erledigt. Der von der Regierung nach der zweiten Lesung bearbeitete Gesetzestext zur Sonderjustiz sei den Senatoren zu kurzfristig wieder vorgelegt worden. Sie hatten angeblich nicht die Zeit zum Durchlesen. Nach Worten des Abgeordneten Asprilla hat die Regierung Santos diese Verzögerungstaktik während des gesamten Verfahrens zur Legalisierung des Friedensabkommens praktiziert.

Vor zwei Wochen scheiterte die zweite Lesung des Gesetzesprojektes ebenfalls im ersten Anlauf an der fehlenden Beschlussfähigkeit des Senats. Erst fünf Tage danach gelang dann der zweite Durchgang, allerdings mit einschneidenden Veränderungen bei einigen im Friedensvertrag unterzeichneten, elementaren Abmachungen. Die kritischen Punkte der neuen Version der Sonderjustiz, wie sie nun im Senat vorliegt, beziehen sich besonders auf die Verantwortungen in der Befehlskette sowohl im kolumbianischen Militär als auch bei der Guerilla. Vorgesetzte sollen für Menschenrechtsverbrechen ihrer Untergebenen haften. Des Weiteren soll die Mitverantwortung von zivilen Tätern an Verbrechen gegen die Menschheit nur unter bestimmten Voraussetzungen von der Sonderjustiz bearbeitet werden.

Wenn die Abstimmungen im kolumbianischen Parlament weiterhin verzögert werden, steht die Verabschiedung der Friedensvereinbarungen insgesamt auf der Kippe. Die vom gleichen Senat beschlossene "Fast-Track" - Verfahrensweise, die den Vorgang beschleunigen sollte, ist befristet und nähert sich ihrem Ende. Dann werden die bislang hintenangestellten Aufgaben des Parlaments die Tagesordnung bestimmen. Falls die Sonderjustiz noch rechtzeitig im Senat verabschiedet werden sollte, wird deren Zuständigkeit und Arbeitsweise dann noch durch ein weiteres Gesetz reguliert – das wurde bei der zweiten Lesung im Senat als neue Bestimmung eingefügt.

Das Gesetz wird von Richtern ausgearbeitet und muss dann ebenfalls das Parlament passieren. Dabei können erneut Veränderungen stattfinden. Mehrere solcher vorgeschalteten Verfahrensgesetze wurden vom Senat als Bedingung für die Umsetzung der Friedensabmachungen beschlossen.

Ob der Friedensprozess in Kolumbien immer noch als beispielhaft für andere Konfliktsituationen in der Welt zu betrachten ist, darf bezweifelt werden.

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