Wann Geld die Welt regieren darf

... und wann nicht: Anmerkungen zur Berichterstattung zu den Wahlen in Nicaragua

Die Wiederwahl des nicaraguanischen Präsidenten Daniel Ortega hat seine Gegner offensichtlich hilflos gemacht. Unabhängig von der Glaubwürdigkeit des ehemaligen Revolutionärs als Linkspolitiker ist seine führende innenpolitische Rolle unbestritten. In internen Debatten zweifelten in Vorfeld des Urnengangs daher nicht einmal Vertreter des Europäischen Auswärtigen Dienstes an einem sauberen Ablauf der Wahlen.

Politische Widersacher verwickelten sich nach dem Wahlgang daher in konstruierter Kritik und Beckmesserei. Ähnlich wie in Venezuela bezogen sich europäischen und US-Medien auf die Kritik von Nichtregierungsorganisationen (NGO). Kaum hinterfragt wurde dabei, woher diese NGOs kommen oder an wessen finanziellem Tropf sie hängen. In deutschen Medien etwa fand die regierungskritische Gruppierung "Hagamos Democracia" Beachtung. Nicht informiert wurde darüber, dass diese NGO nach eigenen Angaben knapp ein Drittel ihrer Mittel von der US-Entwicklungshilfeagentur USAID erhält. Die USAID kam in den vergangenen Jahren mit mehreren progressiven Regierungen Lateinamerikas in Konflikt, weil sie deren Vorwürfen zufolge oppositionelle Strukturen finanziert hat.

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung indes griff der Lateinamerika-Autor Josef Oehrlein einen beliebten Vorwurf gegen Ortega auf. Dieser sei, so schreibt der in Buenos Aires ansässige Oehrlein, von Venezuelas Staatschef Hugo Chávez finanziert, denn "ohne die ideologische, und vor allem finanzielle Unterstützung seines Mentors und Gönners Hugo Chávez hätte er seine bisherige Amtszeit kaum bewältigen können". Belege dafür bleiben aus und auch bei der zweiten entsprechenden Behauptung bleibt Oehrlein vage: "Dem Vernehmen nach" verteile die Ehefrau Ortegas, Rosario Murillo, die Haushaltsmittel "und damit die Zuwendungen aus Venezuela, die von einer Privatfirma verwaltet werden". Genaue Infos bleiben aus, ebenso die Höhe der Zuwendungen.

Tatsächlich haben Venezuela und Nicaragua in den vergangenen Jahren die bilateralen Geschäftsbeziehungen ausgeweitet. So profitiert das mittelamerikanische Land unter anderem von dem energiepolitischen Bündnis Petrocaribe, das die eigenen Ressourcen für die Entwicklung der Region einbinden soll. Dies als Versuch der politischen Einflussnahme auszulegen, ist schon kühn. Dabei gäbe es auf der rechten Seite genügend Beispiele für finanzielle Einflussnahme. Sie werden nicht nur von der FAZ jedoch weit weniger problematisiert:

  • Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie Vertreter der Drei-Prozent-Partei FDP, sicherte der international umstrittenen De-facto-Regierung von Honduras Anfang des Jahres 47 Millionen Euro zu;
  • Der Kolumbien-Plan der USA fasste schon 2005 gut 3,7 Milliarden US-Dollar zur Unterstützung der Regierung, die Menschenrechtsverletzungen nahmen im Rahmen der folgenden Militarisierung massiv zu;
  • Der Klassiker: Unter US-Präsident John F. Kennedy wurde schon 1961 mit der sogenannten Allianz für den Fortschritt ein massives antikommunistischen Programm ins Leben gerufen, das über zehn Jahre hinweg 20 Milliarden US-Dollar nach Lateinamerika schleuste.

Solche bis heute angewandten Politikmethoden werden von der EU- und US-Presse kaum hinterfragt. Unterstützen sich lateinamerikanische Staaten aber gegenseitig, sind "Mentoren" und "Gönner" am Werk, die sich gegenseitig stützen. Schon dubios.