"Während der militärischen Belagerung einer Stadt rief ein Wasserträger: "Ein Eimer Wasser für sechs Sous!" Eine Bombe explodiert und zerschlägt einen der Eimer. "Ein Eimer Wasser für zwölf Sous!", ruft der Wasserträger unbeeindruckt."
Caractères et anecdotes, Chamfort (1740 ‒ 1794)
Kapstadt, die Hauptstadt Südafrikas mit rund 3.700.000 Einwohnern, dürfte die erste Metropole der Welt sein, der das Wasser ausgeht. Diese extreme Situation hat mehrere Gründe, unter anderem das Fehlen einer angemessenen Planung und Bewältigung der Krise. Die Hauptursache ist jedoch eine Dürre, die als Folge der globalen Erwärmung drei Jahre lang gedauert hat. Am 11. Mai, dem "Zero Day", wird bei Regenmangel gemäß Regierungsvorschlägen die gesamte Wasserversorgung der Stadt, außer für Schulen und Krankenhäuser, ausgesetzt. Die Bewohner müssen auf Wasserabgabestellen in Flaschen zurückgreifen, die auf 25 Liter pro Person und Tag begrenzt sind. Laut einem Time-Artikel verursacht die Ankündigung des wahrscheinlichen Endes der Wasserversorgung bereits Chaos in der Stadt und es wird geschätzt, dass diese Wasserkrise ungefähr 300.000 Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und zehntausende mehr im Dienstleistungssektor kosten wird, vor allem im Hotel- und Gastronomiegewerbe. Falls Arbeitskräfte künftig einen Teil ihrer Zeit dazu verwenden müssen, auf Wasser zu warten, werden die Auswirkungen auf die Wirtschaft noch größer sein.
Aber es gibt einen Sektor, der enorm von dieser Krise profitiert: die Wasserflaschenindustrie. Der Mangel verursacht einen echten Ansturm auf die Supermärkte in Kapstadt, wo jeder versucht, so viele Flaschen wie möglich zu kaufen. Zur Entlastung der Verbraucher hat aQuellé, eine der bekanntesten Wasserabfüllanlagen Südafrikas, bekannt gegeben, dass ihre Preise seit 2016 nicht erhöht wurden und sie ihre Produkte regelmäßig an Supermärkte geliefert hat, um der Stadt bei der Bewältigung der Krise zu helfen.
Die Realität des Klimawandels in der Welt des globalen Kapitalismus kommt daher großen Unternehmen im Wasserhandel zugute. Wachsende Wasserknappheit trägt zur Steigerung ihres wirtschaftlichen Wertes bei. Noch schlimmer ist, dass dieselben Unternehmen immer wiederkehrende Wasserkrisen als Mittel nutzen, um ihre Privatisierungspläne voranzutreiben und ihre eigenen "Lösungen" des Problems aufzuzwingen, indem sie als die großen Kenner von "technischem Wissen", "Managementfähigkeiten" und "Verantwortung" auftreten; all dies sei nötig, um mit Krisen umzugehen. In dieser Hinsicht liegt es an den souveränen Staaten, die Kontrolle über diese kostbare natürliche Ressource der "Kompetenz" des privaten Sektors zu überlassen. Dieser Kapitalismus, vor allem in seiner aktuellen neoliberalen Version, trägt die Hauptverantwortung für die globale Erwärmung, deren Folgen permanent ignorierte Tatsachen sind.
Eine der Strategien, die das Kapital in Zeiten der Wasserkrise einsetzt, besteht darin, den Handlungsschwerpunkt auf die Ebene des einzelnen Verbrauchers zu konzentrieren. In Kapstadt fordern die Behörden zu Recht, dass die Bürger Wasser sparen. Wenn dies jedoch in einem Notfall wie diesem eine wichtige und sogar grundlegende Maßnahme ist, werden die Ursachen des Problems nicht angegangen. Die Notfallsituation wird ausgenutzt, die Öffentlichkeit im Unwissen zu lassen, dass hinter der Krise eine Geschichte, ein Prozess steckt und dass deren Verständnis von grundlegender Bedeutung für die Lösung des Problems ist. Es ist klar, dass die Verbraucher beim Wasserverbrauch vorsichtig sein und jede Form von Verschwendung vermeiden sollten. Aber hinter diesem Ansatz, der sich auf die Rolle des Verbrauchers beschränkt, versteckt sich die enorme Wasserverschwendung des kapitalistischen Systems und der Marktorganisation selbst, die für die aufeinanderfolgenden Wasserkrisen verantwortlich sind.
Aber innerhalb der kapitalistischen Logik kann man die "Weisheit" der Märkte, die über die Nutzung einer natürlichen Ressource entscheiden, nicht in Frage stellen, denn sie ist per Definition rational, ebenso wie das kapitalistische System als Ganzes. Irrational sind Individuen, die einfachen Konsumenten, denen ein System aufgezwungen wird, in dem sie immer weniger Möglichkeiten und Kontrolle haben. Eine der Hauptstrategien der Durchsetzung des Neoliberalismus als hegemoniales Paradigma in der heutigen Gesellschaft ist die Schaffung der Illusion, in einer permanenten Gegenwart zu leben, ohne Vergangenheit, ohne Geschichte, und vor allem, ohne Alternative. Wasserkrisen wie jene von Kapstadt sind perfekte Vehikel für die Konstruktion und Durchsetzung dieser neoliberalen Illusion.
Niemand erwähnt zum Beispiel, dass die Herstellung einer Einliter-Pet-Flasche drei Liter Wasser benötigt; dass die Materialien, die bei der Herstellung dieser Flaschen verwendet werden, aus Erdöl gewonnen werden und dass diese Millionen an Pet-Flaschen, die so weltweit produziert werden, einen wesentlichen Beitrag zur globalen Erwärmung leisten. Der weltweite Transport dieser Millionen Flaschen bedeutet zudem einen Brennstoffverbrauch, der zusätzlich Kohlenstoff in die Atmosphäre freisetzt und somit ebenfalls zum Klimawandel beiträgt.
Es wird ebenfalls nirgends erwähnt, dass diese Pet-Flaschen an manchen Orten nach einer absolut irrsinnigen Logik produziert und transportiert werden. In Europa zum Beispiel transportieren Dutzende LKW täglich San Pelegrino-Wasserflaschen von Italien nach Frankreich und in andere europäische Länder. Zur gleichen Zeit transportieren andere LKW Evian-Wasserflaschen von Frankreich nach Italien und in andere Länder usw. Eine absurde Ressourcenverschwendung, die riesige Mengen Kohlendioxid in die Atmosphäre freisetzt. Wenn die westeuropäischen Länder die Erderwärmung ernst nehmen würden, hätten sie die Produktion und Vermarktung von Mineralwasser längstens verboten, weil überflüssig und nutzlos. Es wäre eine einfache, durchführbare Maßnahme, die von allen Bürgern mit einem Mindestmaß an Bewusstsein angenommen und unterstützt würde. In Ländern wie Frankreich, Deutschland, der Schweiz oder Italien, um nur einige zu nennen, ist das Leitungswasser absolut sicher und von ausgezeichneter Qualität. Wenn dies nicht erreicht werden kann, können wir nicht erwarten, dass weitere Maßnahmen zur Verringerung der CO2-Emissionen in der Atmosphäre, die wesentlich komplizierter sind und tiefgreifendere Veränderungen in der sozialen Organisation und Wirtschaft erfordern, wirkungsvoll ergriffen werden können.
Die Auswirkungen der Landwirtschaft auf die globale Erwärmung sowie auf die Wasserproduktion und -erhaltung sind immens. In diesem Fall erlegt der Markt ein Modell auf, das auf der Verwendung von Düngemitteln beruht, die ebenfalls aus Erdöl gewonnen werden und den Boden und sein Wasserrückhaltevermögen fortschreitend zerstören. Ganz zu schweigen vom wahllosen Einsatz von Pestiziden, bei dem Brasilien Weltmeister ist und der schlussendlich Flüsse, Seen und Grundwasser kontaminiert.
Der kürzlich verstorbene marxistische Philosoph István Mészáros schrieb in Der Entfremdungsbegriff bei Marx:
"Ein weiterer grundlegender Widerspruch des kapitalistischen Kontrollsystems besteht darin, dass es weder 'Fortschritt' von Zerstörung noch 'Fortschritt' von Verschwendung trennen kann ‒ wie katastrophal die Folgen auch sein mögen. Je größer die vom Kapitalismus freigesetzte Produktionskraft ist, desto mehr muss er die Zerstörungskräfte entfesseln; und je mehr sich das Produktionsvolumen ausdehnt, desto mehr wird alles unter Bergen erstickender Abfälle begraben. Der Begriff der Ökonomie ist radikal unvereinbar mit der 'Ökonomie' der kapitalistischen Produktion, die sich zwingend am bereits erlebten Trauma vergeht, indem sie zuerst die begrenzten Ressourcen unseres Planeten in habgieriger Verschwendung aufbraucht um gleichzeitig die Umwelt mit ihrer massiven Produktion von Abfällen und Abwässern zu verschmutzen und zu vergiften."
Einige große Städte, die in naher Zukunft mit ernsthafter Wasserknappheit konfrontiert sein könnten, sind Melbourne in Australien, Jakarta in Indonesien, Mexiko-Stadt und natürlich São Paulo. Diese Städte wiederum üben in der verzweifelten Suche nach Wasser für ihren Konsum enormen Druck auf ihre Umgebung aus, besonders auf ländliche Gebiete. Auf diese Weise werden Konflikte zwischen Stadt und Land intensiviert, ebenso die Zerstörung der Natur, da die Megalopolen in immer entfernteren Regionen nach Wasser suchen müssen und diesen den Zugang zu den eigenen Ressourcen entziehen und so ganze Ökosysteme schädigen.
Dies ist ein Szenario, das beispielsweise der Region Circuito das Águas im Bundesstaat Minas Gerais in Brasilien, der weltweit vielleicht vielfältigsten Region für Mineralwasserquellen, droht. Mehr oder weniger gleich weit entfernt von den drei größten brasilianischen Städten ‒ São Paulo, Rio de Janeiro und Belo Horizonte ‒ sind die Gewässer dieser Region von Privatunternehmen begehrt, die leichte und exorbitante Profite durch den Verkauf von Wasser an diese durstigen Großstädte vorhersagen. Nestlé besitzt bereits den Wasserpark der Gemeinde São Lourenço und hat das Recht, das Wasser aus ihren Quellen zu erforschen und zu vermarkten. Die Nachbarstädte Caxambu, Cambuquira und Lambari ‒ neben anderen kleineren Gemeinden ‒ bewahren ihre Gewässer noch immer als öffentliches Gut. Es gibt eine starke lokale Bewegung gegen die Privatisierung des Wassers und der Kampf, der dort stattfindet, muss die Unterstützung und den Respekt aller erhalten, denn es ist eine Region mit einzigartigen Qualitäten. Im Strudel der kapitalistischen Exploration verschwindet die Einzigartigkeit jeder Mineralwasserquelle, ihre therapeutischen Anwendungen, ihre Bedeutung für das lokale Ökosystem, ihr kultureller, historischer Wert usw. und es bleibt lediglich Wasser im Sinne von Ware übrig.
Der selbsternannte World Water Council (Weltwasserrat), der die großen privaten Wasser- und Sanitärunternehmen sowie staatliche Einrichtungen mit der 2030 Water Resources Group ‒ einer Initiative von Nestlé, Coca-Cola und Pepsi ‒ zusammenbringt, ist der Zusammenschluss der starken internationalen Lobbyisten, die bereit sind, ihre Lösungen für Probleme im Zusammenhang mit Wasser anhand von Privatisierung und marktwirtschaftlichen Aspekten aufzuzwingen. Sie werden im kommenden März in Brasilien, in der Hauptstadt Brasilia, anlässlich des Weltwasserforums anwesend sein. Der geschäftsführende Direktor des Forums, Ricardo Andrade, der auch Geschäftsführer der Agência Nacional de Águas (Nationale Wasserbehörde) ist, gab kürzlich ein Interview, in dem er, genau wie die Behörden von Kapstadt, auf die Notwendigkeit der Verantwortung einzelner Verbraucher aufmerksam macht.
Es fällt in diesem Interview aber weder ein Wort über die Verantwortung des privaten Sektors für die Ursachen der Probleme, denen wir gegenüberstehen, noch über die Notwendigkeit, das Wirtschaftssystem selbst zu ändern, wenn wir die drängenden Probleme im Zusammenhang mit Wasser in der Welt angehen wollen. Allein in Brasilien haben laut einer 2016 veröffentlichten Studie die Konflikte um Wasser innerhalb von fünf Jahren um 150 Prozent zugenommen.
Auf der ganzen Welt nehmen diese Konflikte zu und werden immer gewalttätiger. Laut dem World Resources Institute werden im Jahr 2025 rund 3,5 Milliarden Menschen unter Wasserknappheit leiden.
Das Chaos und mögliche gewalttätige Konflikte innerhalb Kapstadts aufgrund der sich täglich verschlechternden Wasserversorgung besorgt die Behörden der Stadt in der aktuellen Situation sehr. Sie sehen die Verstärkung der Polizei oder gar die Entsendung von Streitkräften als mögliche Maßnahmen zur Beruhigung der Bevölkerung. Maßnahmen wie diese können jedoch leicht dazu dienen, antidemokratische Entscheidungen zu treffen, die zwar den Markt, aber nicht die Gesellschaft und das Gemeinwohl begünstigen. In der Tat ist es Teil der neoliberalen strategischen Planung, sich auf das durch Wasserkrisen oder andere extreme Ereignisse im Zusammenhang mit der Erderwärmung verursachte Chaos zu verlassen, um die eigene Politik durchzusetzen. Vom großen Kapital manipuliert, kann der Klimawandel ein mächtiges Werkzeug sein, die Rechte und Errungenschaften der Demokratie umzukehren, wie auch die Zerstörung des Gemeinwohls und die Privatisierung des öffentlichen Wohlstands zuzulassen.