Bogotá/Doha. Im Rahmen ihrer Friedenspolitik hat die kolumbianische Regierung in Doha, Katar, die erste Gesprächsrunde mit der kriminellen Vereinigung Clan del Golfo geführt. Ziel des Verhandlungsprozesses ist die Entwaffnung dieser kriminellen Organisation, die sich selbst "Gaitán-Armee Kolumbiens" (Ejército Gaitanista de Colombia, EGC) nennt. Neuartig bei einer kolumbianischen Friedensverhandlung ist die Beteiligung Katars, das derzeit seine Rolle als globaler Mediator stärkt.
Die Gespräche, die vom 14. bis 18. September stattfanden, erfolgten auf Initiative der Regierung von Präsident Gustavo Petro. Laut dem Hochkommissar für den Frieden Otty Patiño handelt es sich zunächst um "Vorgespräche", die ein Vertrauensumfeld erkunden sollen, ohne dass bereits ein formeller Verhandlungstisch eingerichtet wurde. "Hier im Land wäre das nicht günstig gewesen, da die Offensive gegen diese Gruppe nicht aufhören wird", erklärte er.
Der Clan del Golfo, auch EGC oder früher Gaitán-Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens (AGC), sind Nachfolgergruppen der Paramilitärs der Neunziger- und Nullerjahre, der Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens (AUC). Menschenrechts- und Basisorganisationen sehen sie weiterhin als paramilitärische Struktur, da sie soziale Bewegungen weiterhin angreifen. Sie agieren jedoch hauptsächlich als Struktur des Drogenhandels und anderer illegaler Geschäfte.
Die gemeinsame Erklärung enthält erste Verpflichtungen für den Clan: die Entlassung von Minderjährigen aus den Reihen der Gruppe, ein Pilotplan zum Ersatz illegaler Anbauflächen sowie Umweltmaßnahmen in fünf Gemeinden der nordwestlichen Región Urabá. "Kinder und Jugendliche sind die Grundlage für den Friedensaufbau. Daher bekräftigt die Gruppe ihr Engagement, ihre Rechte zu respektieren", heißt es in der Erklärung. Sie sieht außerdem vor, dass die paramilitärische Gruppe die Minderjährigen der staatlichen Kinderschutzbehörde ICBF überstellt.
Die Gesprächsparteien haben ein Pilotprojekt für die Substitution illegaler Anbauflächen vereinbart. Sie wollen gemeinsame Arbeitsgruppen zu lokalen Problemen einrichten, die mit der Ökonomie der kriminellen Gruppe verbunden sind. Dazu zählen die irreguläre Migration durch den Darien-Dschungel, die für den Clan in Urabá ein Geschäft darstellt, sowie die Umweltschäden durch Abholzung und illegalen Bergbau. In allen Arbeitsgruppen soll sich die lokale Bevölkerung beteiligen.
Auf nationaler Ebene verpflichtete sich der Clan del Golfo, sich nicht in die Prozesse der Präsidentschafts- und Kongresswahlen 2026 einzumischen, das staatliche Programm zur Minenräumung zu respektieren und sich an das humanitäre Völkerrecht (DIH) zu halten. Die Generalstaatsanwaltschaft soll einen Mechanismus einrichten, um Verstöße gegen das DIH vorrangig zu behandeln.
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Die EGC teilte außerdem mit, dass sie es ablehnt, als paramilitärische oder neoparamilitärische Gruppe bezeichnet zu werden, und die Regierung "nimmt dies zur Kenntnis", heißt es in der gemeinsamen Erklärung.
Parallel dazu betonte das Verteidigungsministerium, dass es noch keinen Waffenstillstand gebe. Demzufolge lautete der Auftrag, "die Offensive gegen alle organisierten bewaffneten Gruppen fortzusetzen", sagte Verteidigungsminister Pedro Sánchez.
Der Clan del Golfo kontrolliert rund 45 Prozent der Drogenexporte, erzielt Einnahmen aus illegalem Bergbau und ist in strategischen Regionen präsent. Laut der Friedens-NGO FIP wuchs die Gruppe von 3.600 Mitgliedern im Jahr 2018 auf rund 10.000 im Jahr 2025. "Der Clan kommt gestärkt in diesen Prozess, befindet sich in Expansion und weist einen Anstieg der Kämpferzahl um 165 Prozent auf", erklärte der FIP-Forscher Gerson Arias. Der Experte warnt vor der möglichen Absicht der Gruppe, sich einen politischen Status als Konfliktakteur zu verschaffen, wie ihn die Guerillaorganisationen bei den Friedensgesprächen hatten.
Sowohl die Regierung als auch die EGC baten Katar, die OEA-Mission und die Kolumbianische Bischofskonferenz (CEC) um Monitoring und Verifizierung. Zudem soll der UN-Sicherheitsrat gebeten werden, den Prozess zu begleiten. Daten und Zusammensetzung der Delegationen bleiben geheim. Nach Abschluss der ersten Verhandlungsrunde kündigten beide Seiten einen neuen Gesprächszyklus in Doha an.
Die Wahl Dohas sei das Ergebnis einer direkten Bitte von Präsident Petro. "Es war Teil der Anerkennung der Rolle Katars als seriöser Staat mit klaren Verpflichtungen in der globalen Mediation, der sichere Rahmenbedingungen gewährleistet", sagte der Chefunterhändler der Regierung, Álvaro Jiménez.

