Quito. Nach Verlautbarungen der ecuadorianischen Regierung soll es Pläne zur Ermordung von Präsident Daniel Noboa geben. Ein Kommuniqué des Innenministeriums unter dem Titel "Die Rache der schlechten Verlierer" beschuldigt "politische Gruppen, die bei den Wahlen verloren haben", Noboa nach dem Leben zu trachten. Dadurch solle "die Regierung destabilisiert und Demokratie, Souveränität und Frieden in Ecuador untergraben werden."
Ein vermeintlich geleaktes Dokument der Streitkräfte spricht hingegen von "der Verbringung von Auftragskillern aus Mexiko und anderen Ländern nach Ecuador zur Durchführung terroristischer Anschläge gegen den Präsidenten der Republik und sein Team".
Noboas unterlegene Herausforderin Luisa González, die das Ergebnis der Stichwahl vom 13. April als unrechtmäßig bezeichnet hatte, nannte die Darstellung der Regierung "Nebelkerzen", die von deren Wahlbetrug ablenken sollten. Ihr zufolge ist es hingegen zu Repressalien von Seiten der Regierung gegen ihr Team gekommen, beispielsweise durch die Verhaftung eines ihrer Wahlkampfberater.
Widerspruch gegen die Darstellung der Regierung kommt auch aus dem Ausland. Das mexikanische Außenministerium wies "die wiederholte und skrupellose Verbreitung von Narrativen in offiziellen Mitteilungen, die Mexiko als Quelle angeblicher Straftaten oder innerer Unruhen in diesem Land darstellen, entschieden zurück".
Die Kontroverse um Ablauf und Ausgang der Wahl gehen derweil weiter. Christian Vega, Parlamentsabgeordneter von González-Partei der Bürgerrevolution kündigte am Montag an, dass diese einen Einspruch gegen die Wahlergebnisse vorbereite.
Grundlage sei die Analyse von 2.800 Wahlurnen mit mutmaßlichen Unstimmigkeiten, wie fehlenden Unterschriften der Wahlleitung. Insgesamt gehe es dabei um mehr als 750.000 Stimmen, genug, um das Ergebnis der Wahl verändern zu können, so Vega.
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Die Bürgerrevolution stützt ihre Kritik an der Wahl teilweise auf den vorläufigen Bericht der Wahlbeobachtungskommission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS). Laut diesem hat die Exekutive während des gesamten Wahlprozesses erfolgreich den Nationalen Wahlrat (CNE) zur Verabschiedung spezifischer Beschlüsse aufgefordert, "was Fragen hinsichtlich der Unabhängigkeit und Führungsstärke der Wahlbehörde aufwarf".
Außerdem habe die Regierung öffentliche Mittel verwendet, um Stipendien, Gutscheine und Bargeld zu verschenken und die staatlichen Fernsehsender genutzt, um die Botschaften des Präsidenten zu verbreiten. Dies verdeutliche "die ungleichen Bedingungen, die während des Wahlkampfs herrschten". Trotz dieser und weiterer Kritikpunkte hatte die OAS die Wahl als rechtmäßig anerkannt.
Im ersten Wahlgang im Februar lagen González mit 44 und Noboa mit 44,17 Prozent annähernd gleich auf. Während González in der Stichwahl jedoch lediglich 170.000 zusätzliche Stimmen erhielt und 44,37 Prozent erreichte, konnte Noboa einen Zuwachs von über 1,3 Millionen Stimmen verzeichnen und kam auf 55,63 Prozent.
Francisco Rodríguez, Professor für Politik und Internationale Angelegenheiten an der Universität Denver, schrieb bei X, dass die Ergebnisse der Wahl "höchst ungewöhnlich" seien. Dem legte er eine Untersuchung über 32 Präsidentschaftswahlen in Lateinamerika seit 2010 und die Zugewinne der Kandidat:innen in den jeweiligen Stichwahlen zugrunde.
Noboas Stimmenzuwachs sei mehr als doppelt so hoch wie der Durchschnitt und deutlich höher als der zweithöchste Wert. Dieser sei bei den Wahlen 2010/11 in Haiti gemessen worden – eine Wahl, bei der weithin Betrug vermutet werde. Die Ergebnisse aus Ecuador seien kein Beweis für eine Manipulation, sie würden allerdings weitere Untersuchungen rechtfertigen.