Belém. Nach 30 Tagen Protest haben indigene Gruppen in Brasilien eine geplante Umstrukturierung im Bildungssystem im Bundesstaat Pará verhindert. Im Mittelpunkt der Bewegung stand das Gesetz 10.820/2024. Dies sah vor, den Frontalunterricht in indigenen Dörfern und traditionellen Gemeinschaften durch virtuelle Schulstunden zu ersetzen.
Für die Protestierenden ist die Rücknahme des Gesetzes ein großer Erfolg, nachdem sie einen Monat lang das staatliche Bildungssekretariat in Belém besetzten, um ihr Recht auf adäquate Bildung und Mitbestimmung einzufordern.
In der Legislativversammlung des Bundesstaats wurde am Mittwoch die Aufhebung des Gesetzes einstimmig beschlossen. Dort feierten Indigene aus 14 ethnischen Gruppen mit Lehrer:innen und Unterstützer:innen der Protestaktion.
Die indigene Anführerin Alessandra Korap Munduruku freut sich über den Erfolg und fordert weitere Verbesserungen im Bildungswesen zugunsten traditioneller Völker. "Jetzt werden wir in die Dörfer gehen, um uns zu organisieren. Jedes Volk wird seine eigene Organisation haben, Quilombolas (Bewohner:innen von Siedlungen, die von entflohenen versklavten afrikanischen Menschen gegründet wurden), Indigene, Flussbewohner, Lehrer vom Lande. Wir werden sagen, dass wir gehört werden müssen, dass dies der Moment ist, um ein Gesetz für die traditionellen Völker zu schaffen."
Das Gesetzesvorhaben für Fernunterricht in abgelegenen Gebieten von Quilombolas oder indigenem Land setzten der Gouverneur von Pará, Helder Barbalho, und der Bildungsminister, Rossieli Soares, im Dezember 2024 durch, ohne die Betroffenen heranzuziehen.
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Indigene aus Pará sahen darin mehr als eine Änderung der Lehrmethoden. Das Gesetz hätte die Weitergabe des traditionellen Wissens in den Gemeinschaften und grundlegende Rechte der traditionellen Völker gefährdet.
Neben der Verletzung des Rechts auf Bildung und der fehlenden Konsultation der betroffenen Völker befürchteten indigene Anführer:innen, dass die Abschaffung der Bildung mit persönlicher Präsenz indigene Jugendliche aus ihren Gebieten vertreiben und sich negativ auf ihren Zugang zu höherer Bildung auswirken könnte.
Darüber hinaus sei die Bildungssituation bereits jetzt schon prekär. Viele Gemeinden verfügen bis heute weder über Strom, eine angemessene Infrastruktur noch über Internetzugang.
Bereits zwischen 2023 und 2024 wurden 85 Prozent der Investitionen in indigene Bildung in Pará gekürzt, weshalb nur 500.000 Reais (circa 83.000 Euro) vorgesehen waren. Mit dem Gesetz wären auch die Gehälter der Lehrer:innen, die in abgelegenen Orten unterrichten, gekürzt worden.
Laut dem aktuellen Zensus von 2022 leben fast 81.000 Indigene in Pará. Dort wie auch brasilienweit hat die indigene Bevölkerung das Recht auf eine differenzierte, interkulturelle, aber auch mehrsprachige Bildung, das in der Verfassung von 1988 garantiert wird.