Südamerika: Initiativen für verantwortungsvollen Umgang mit Sozialen Medien

Bogotá/Caracas/Brasília. In Brasilien, Kolumbien und Venezuela laufen derzeit Beratungen und Initiativen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Sozialen Medien. Es geht um die juristische Verfolgung strafrechtlich relevanter Inhalte, gesetzliche Normen für den Betrieb von digitalen Plattformen und eigenverantwortlichen Umgang der Benutzer.

Ende November fand in Bogotá eine regionale Konferenz unter dem Motto "Maßnahmen zur Bekämpfung von Hassreden und Desinformation" statt. Sie bildete den Abschluss des Unesco-Projekts "Social Media 4 Peace" für Kolumbien. Das Projekt ist jeweils länderbezogen und wird auch in verschiedenen Ländern Asiens und Afrikas umgesetzt. Während der letzten zwei Jahre wurden verschiedene Studien durchgeführt, fanden Aufklärungskampagnen statt und wurden über 400 Personen in Themen der digitalen Sicherheit geschult. Eine App für Schüler behandelt das Thema Cybermobbing und zeigt Wege auf, wie dem begegnet werden kann.

Dem kolumbianischen Parlament liegt aktuell eine Gesetzesvorlage vor, die Minderjährigen unter 14 Jahren den Zugang zu den Sozialen Medien und die Erstellung eigener Konten untersagen soll. Gleichzeitig soll für Eltern und Erziehungsberechtigte eine digitale Plattform eingerichtet werden, um das Bewusstsein für die Sicherheit ihrer Kinder zu schärfen.

In Venezuela hat das Bildungsministerium vergangene Woche eine breit angelegte Kampagne in Schulen und Universitäten gestartet, um über den verantwortungsvollen Umgang mit den Sozialen Plattformen zu informieren und zu diskutieren.

Das Ziel sei nicht nur, über vorhandene Risiken aufzuklären, sondern auch das kritische Denken zu fördern und die Kommunikation zwischen Schülern, Lehrern und Eltern zu verbessern. Es gehe um ein "umfassendes Sensibilisierungsprogramm" über die Risiken, denen Kinder und Jugendliche in diesen Räumen ausgesetzt sind, so Bildungsminister Héctor Rodríguez. Themen sind unter anderem Rechte und Pflichten im digitalen Raum, die diesbezügliche Gesetzgebung, Suchtverhalten, digitale Straftaten und die Aufsichtsfunktionen von Erwachsenen.

Ohne Moos nix los

Ihnen gefällt die Berichterstattung von amerika21? Damit wir weitermachen können, brauchen wir Ihre Unterstützung.

Präsident Nicolás Maduro hat die staatliche Telekommunikationsagentur Conatel aufgefordert Maßnahmen zu ergreifen, damit das Soziale Netzwerk TikTok "missbräuchliche und kriminelle Inhalte" von seiner Plattform entfernt. Hintergrund ist der Tod von zwei Minderjährigen in Folge von absurden "Herausforderungen" (challenges, retos virales) in TikTok.

Der Oberste Gerichtshof hat kürzlich die Klage einer chavistischen Bewegung zugelassen, die den Schutz der Rechte von Kindern und Jugendlichen angesichts der Gefahren, die ihnen durch derartige "retos virales" drohen, fordert.

In Brasilien hat die Diskussion um den Betrieb von Sozialen Plattformen bereits die Gerichte beschäftigt. Das Oberste Gericht (STF) hatte dem Nachrichtendienst X die Verbreitung von Fake News und Hassreden aus dem Umfeld des rechten Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro vorgeworfen und den Dienst unter Auflagen vorübergehend gesperrt.

Alexandre de Moraes, Richter am STF kommentiert die Situation: "Digitale Plattformen öffneten Wege für Fehlinformationen, Hass, vorsätzliche Lügen und Verschwörungstheorien. Der Staat sollte das Recht auf persönliche Meinungsäußerung nur minimal beschränken aber die Verbreitung von kriminellen Inhalten und die Aufstachelung zur Gewalt unterbinden."

Bis 2025 soll eine gesetzliche Lösung gefunden werden. Aktuell hat die Kommission für Kommunikation des Senates einen Gesetzesentwurf verabschiedet, der eine Sorgfaltspflicht der digitalen Plattformen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vorsieht und sie bei Nichtbeachtung in die Haftung nimmt. Um das Recht auf persönliche Meinungsäußerung zu gewährleisten können die Plattformen nur belangt werden, wenn sie einem richterlichen Beschluss zur Entfernung von Beiträgen nicht Folge leisten. Der Entwurf muss noch einige parlamentarische Hürden nehmen, um in Kraft zu treten.