Bogotá. Der kolumbianische Wahlrat (CNE) will eine Anklageschrift gegen Präsident Gustavo Petro und drei Mitglieder seines Wahlkampfteams einreichen. Sie seien angeblich für die Verletzung der für die Präsidentschaftswahl 2022 festgelegten Beschränkungen der Wahlausgaben verantwortlich.
Neben Petro richten sich die Untersuchungen des CNE gegen seinen damaligen Wahlkampfleiter Ricardo Roa Barragán, die Schatzmeisterin der Kampagne María Lucy Soto Caro und den Rechnungsprüfer Juan Carlos Lemus Gómez. Außerdem sollen die Parteien Colombia Humana und Unión Patriótica überprüft werden.
Im vergangenen Mai legten die CNE-Richter Benjamín Ortiz und Álvaro Hernán Prada, die beide mit Oppositionsparteien verbunden sind, einen Bericht vor, in dem sie auf angebliche Verstöße gegen die Ausgabenobergrenzen für Wahlen hinwiesen. Bei Petros Wahlkampf seien 5,355 Milliarden Pesos (etwa 1,2 Millionen US-Dollar) zu viel ausgegeben worden, so ihre Behauptung (amerika21 berichtete).
Die Vorwürfe stützen sich auf nicht deklarierte Gelder, die von Spenden und Zahlungen über Wahlzeugen bis hin zu den Kosten für Flugreisen und die Anmietung von Veranstaltungsorten für Wahlkampfveranstaltungen reichen.
Der kolumbianische Staatschef wies diese Anschuldigungen zurück, erklärte detailliert die Herkunft des betreffenden Geldes und fügte hinzu, dass der CNE in diesem Fall Ausgaben von vor Beginn der Kampagne berücksichtigt habe, auch eine fehlerhafte Rechnung, die später geändert wurde, und eine voreingenommene Berechnung der Flugstunden zu Grunde lege. Die Einbeziehung dieser Punkte entspreche laut Petro nicht dem für solche Fälle festgelegten Verfahren.
"Erst danach und unter dem Druck einiger ultrarechter Medien sowie aufgrund politischer Entscheidungen dieser Gruppen wurde ein weiteres Untersuchungsverfahren eingeleitet, dessen Bericht darauf abzielte, Schlupflöcher zu finden, wo es keine gab, und zwar mit einem einzigen Ziel: einen Staatsstreich durchzuführen", erklärte Petro.
Er hatte bereits öffentlich angeprangert, dass der CNE versuche, ihm seine Immunität zu entziehen, obwohl dieser verfassungsrechtlich gar nicht befugt sei, gegen ihn zu ermitteln. "Die verfassungswidrige Aufhebung der Immunität zuzulassen, dient dem Zweck, einen Putsch zu initiieren", hatte er auch bereits im September erklärt.
Er fügte hinzu, dass seine politischen Gegner in Absprache mit der "Mafia", womit er organisierte Kriminalität und Drogenkartelle meinte, planten, ihn innerhalb von drei Monaten durch ein Attentat oder eine verfassungswidrige Amtsenthebung aus dem Amt zu verdrängen.
Nachdem bekannt wurde, dass der CNE nun gegen Petro ermitteln wird, stellten verschiedene Politiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die der Regierungskoalition nahestehen, diese Entscheidung sofort in Frage.
"Der CNE hat gegen den ehemaligen Präsidenten [Iván] Duque nicht wegen seiner sogenannten ñeñepolítica, der Finanzierung von Politikern mit Geld aus dem Drogenhandel ermittelt. Er hat gegen Juan Manuel Santos nicht wegen [des Korruptionsfalls] Odebrecht ermittelt. Sie ermittelt gegen Petro, ohne dazu befugt zu sein", sagte der ehemalige Senator Gustavo Bolívar. "Das nennt man einen Staatsstreich. Wir werden nicht zulassen, dass sie mit ihren Papieren stehlen, was sie in den Wahlkreisen und an den Wahlurnen verloren haben", so Bolívar.
Auch Senatorin Martha Peralta schloss sich den Worten des Präsidenten an und erklärte, dass ein "Putsch" begonnen habe, da nach der Gesetzgebung des Landes "die einzigen Institutionen, die befugt sind, Ermittlungen gegen den Präsidenten der Republik durchzuführen", die Anklagekommission des Repräsentantenhauses und der Senat seien.
"Die Entscheidung des CNE, Anklage gegen Präsident Gustavo Petro zu erheben, schafft einen Präzedenzfall, der gegen die politische Verfassung verstößt und die Gewaltenteilung gefährdet", warnte Senatorin María José Pizarro. "Schlimmer noch, sie setzt eine Untersuchung in Gang, die zu einem Staatsstreich führen könnte. Wir, die wir die Demokratie verteidigen, müssen diese Entscheidung ablehnen und wachsam gegenüber jeder Situation sein, die unser Mandat des Volkes gefährdet."