Brasília/Bogotá. Die Präsidenten von Brasilien, Luiz Inácio Lula da Silva, und Kolumbien, Gustavo Petro, haben am Samstag in einer gemeinsamen Erklärung auf "die transparente Veröffentlichung von aufgeschlüsselten und überprüfbaren Daten" der Präsidentschaftswahlen in Venezuela gedrängt. Nur so könne die Glaubwürdigkeit des Wahlprozesses wiederhergestellt werden.
Die Staatschefs informierten, dass sie sich in zwei Telefongesprächen verständigt hätten. Vorausgegangen waren diplomatische Bemühungen beider Länder im venezolanischen Konflikt nach der Wahl am 28. Juli.
Die Wahlbehörde CNE hatte den amtierenden Präsidenten Nicolás Maduro mit 52 Prozent der Stimmen zum Sieger erklärt, gegenüber 43 Prozent für den von den USA unterstützten Oppositionskandidaten Edmundo González. Die Opposition behauptet dagegen, González habe die Wahl mit 70 Prozent gewonnen.
Ausgeblieben ist bis heute die Veröffentlichung der Ergebnisse der Wahllokale durch den CNE. Dies stößt auch in Kreisen des Chavismus auf Kritik.
Nach früheren Wahlen konnten die nach Bundesstaat, Gemeinde, Wahllokal und Wahlstation aufgeschlüsselten Ergebnisse auf der Website des CNE eingesehen werden. So konnten auch alle Zeugen der politischen Parteien, die jeweils in einem Wahllokal anwesend waren, den ausgedruckten Beleg des Wahllokals mit dem vom CNE auf seiner Website veröffentlichten Ergebnis vergleichen. Beide Ergebnisse sollten übereinstimmen, was dem Verfahren Transparenz und Zuverlässigkeit verleiht.
Die Website des CNE ist jedoch seit der Zeit vor den Wahlen nicht mehr erreichbar. Der Präsident des CNE, Elvis Amoroso, teilte mit, die Behörde sei Opfer eines massiven Cyberangriffs geworden, nannte aber keine weiteren Einzelheiten.
Unterdessen hatte Maduro um eine Überprüfung des Wahlprozesses bei der Wahlkammer des Obersten Gerichtshofes (TSJ) ersucht, die in Fällen von Streitigkeiten im Wahlverfahren zuständig ist. Mit Urteil vom 22. August bestätigte der TSJ den Sieg von Maduro (amerika 21 berichtete). Zugleich forderte das Gericht den CNE auf, innerhalb von 30 Tagen die Wahlergebnisse im Gesetzesblatt (Gazeta Electoral) zu veröffentlichen.
Im Kommuniqué von Petro und Lula heißt es dazu, sie nähmen "die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (TSJ) von Venezuela zum Wahlprozess zur Kenntnis" und bekräftigen, "dass sie weiterhin auf die Bekanntgabe der nach Wahllokalen aufgeschlüsselten Ergebnisse durch den Nationalen Wahlrat (CNE) warten".
Weiter betonen sie, die "politische Normalisierung" in Venezuela setze "die Erkenntnis voraus, dass es keine dauerhafte Alternative zum friedlichen Dialog und zum demokratischen Zusammenleben in Verschiedenheit gibt" und appellieren an alle Beteiligten, nicht auf Gewaltakte und Repression zurückzugreifen.
Als Nachbarländer, "die ein unmittelbares Interesse an der Stabilität Venezuelas und der Region haben und als Zeugen der Abkommen von Barbados" zwischen Regierung Maduro und der oppositionellen Einheitlichen Plattform hielten Brasilien und Kolumbien "ihre Kommunikationskanäle mit den Parteien offen und bekräftigen ihre Bereitschaft, die Verständigung zwischen ihnen zu erleichtern".
Abschließend betonen die beiden Präsidenten, "dass sie die weitere Anwendung einseitiger Sanktionen als Druckmittel strikt ablehnen". Sie teilen die Auffassung, "dass einseitige Sanktionen gegen das Völkerrecht verstoßen und der Bevölkerung der sanktionierten Länder, insbesondere den verletzlichsten Gruppen, schaden".