Staatspräsident von Guatemala unterzeichnet Abkommen mit Indigenen Autoritäten in Quiché

In den vergangenen Monaten bereits Verträge gelungen. Allianz aus dem indigenen Widerstand gegen den "technischen Staatsstreich" erwachsen

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Präsident Bernardo Arévalo bei der Vertragsunterzeichnung mit indigenen Autoritäten in Ixil
Präsident Bernardo Arévalo bei der Vertragsunterzeichnung mit indigenen Autoritäten in Ixil

Guatemala-Stadt/Nebaj. Der guatemaltekische Präsident Bernardo Arévalo hat die überwiegend von indigenen bewohnte Region Ixil im Departamento Quiché besucht. Dabei unterzeichnete er zusammen mit Indigenen Bürgermeistern ein Abkommen zur "umfassenden Entwicklung der Region".

"Wir haben festgestellt, dass Diskriminierung, Rassismus, Verwaltungszentralismus, Korruption und die begrenzten Kapazitäten der zentralen und kommunalen Regierungsstellen Teil des Problems sind, dass die hohe Armutsrate, Analphabetentum, Unterernährung, den Mangel an Arbeitsmöglichkeiten, die niedrige Bildungsqualität sowie die geringe Abdeckung der Gesundheits- und Bildungsangebote erzeugt", heißt es in dem Dokument.

Die Indigenen Autoritäten nannten den "Bau von Krankenhäusern, Wasserkraftwerken, Trinkwasserversorgung und Straßenbau" als "Themen von entscheidender Bedeutung". Die indigene Bürgermeisterin Feliciana Herrera Ceto sagte, man habe "Jahrhunderte gewartet, dass ein Präsident der Republik zu unseren Völkern kommt, um Verpflichtungen für den gemeinsamen Aufbau einer Zukunft für unser Volk einzugehen".

Arévalo würdigte die großen Proteste, die im vergangenen Jahr seinen Amtsantritt gegen den Widerstand der alten Eliten abgesichert hatten: "Das Volk der Ixil führte die guatemaltekische Gesellschaft an, was verhinderte, dass die Korrupten erneut das Volk verspotten und uns die Wahlen stehlen", so der Staatschef. Er erklärte abschließend, dass "500 Jahre Marginalisierung nicht in vier Jahren gelöst sein werden, aber wir können damit beginnen, die Grundlagen dafür zu legen, wie wir in Zukunft weiterarbeiten werden, damit diese umfassende Entwicklung durchgeführt werden kann".

Das Departamento Quiché zählt zu den ärmsten des Landes, rund 81 Prozent der Bevölkerung leben in Armut und extremer Armut. Die drei Landkreise Santa María Nebaj, San Gaspar Chajul und San Juan Cotzal, die die Ixil-Region bilden, waren außerdem am stärksten vom Bürgerkrieg (1960-1996) betroffen. Anfang der 1980er Jahre verübte die Armee dort zahlreiche Massaker überwiegend an Angehörigen der Maya-Ixil. Diese Vorgänge wurden später als Völkermord eingestuft.

Das jetzt unterschriebene Abkommen ist nicht das erste, in dem Guatemalas neuer Präsident seine Politik der indigenen Bevölkerung verpflichtet. Wenige Tage nach Amtsantritt unterschrieb Arévalo im indigen geprägten Departamento Sololá ein Abkommen zur Gesundheitsversorgung, das auch traditionelle indigene Heilungsmethoden anerkennen soll (amerika 21 berichtete).

Vergangene Woche unterzeichnete der Staatschef ein Abkommen mit verschiedenen Landarbeiterorganisationen zur Agrarpolitik. Dazu sagte Rafael Gonzales von der Landarbeiterorganisation Komitee für Bauerneinheit (CUC), das "Ziel des Abkommens ist es, eine Lösung in der Agrarproblematik im Land zu finden". Konkret ginge es "um die Schaffung einer neuen Instanz für Landfragen, an die sich Gemeinden bei Problemen wenden können". Ferner solle das Gesetz zu den Bodenfonds reformiert werden.

Die Allianz zwischen der Regierung Arévalo und indigenen Organisationen geht offensichtlich auch auf die monatelangen Auseinandersetzungen vor dem Amtsantritt zurück, in denen indigene Organisationen eine führende Rolle gespielt hatten (amerika 21 berichtete).

Im Ursprung hatte die Partei des Präsidenten, Semilla, ihre Basis eher in den großen Städten. Sie war aus den großen Antikorruptionsprotesten 2015 hervorgegangen, zu denen indigene Organisationen zwar mobilisiert, darin aber keine zentrale Rolle gespielt hatten. Dies zeigte sich auch bei den Ergebnissen in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen, als Arévalo mit 15,5 Prozent überraschend die Stichwahl erreichte. Dieser Erfolg basierte aber überwiegend auf den Stimmen in den großen Städten. In der Hauptstadt erreichte er 23,3 Prozent, im nahe der Hauptstadt gelegenen Departamento Sacatepéquez 22,6 Prozent, im Departamento Quetzaltenango 15 Prozent, wobei im Stadtgebiet Quetzaltenango, der zweitgrößten Stadt des Landes, 32 Prozent für Arévalo stimmten.

In der Stichwahl konnte Arévalo zwar landesweit in 17 Departamentos gewinnen, darunter auch solche mit hohem Anteil Indigener wie Totonicapán. Andere Departamentos mit hohem Anteil indigener Bevölkerung wie Alta Verapaz und Quiché gingen aber weiter an seine Gegenkandidatin Sandra Torres.

Auch die Mobilisierungen gegen den "technischen Staatsstreich" spielten sich im Verlauf des Septembers überwiegend in den großen Städten ab. Erst als sich die Indigene Selbstverwaltungsstruktur "48 Kantone" aus Totonicapán und Indigene Autoritäten ab Oktober an den Protesten beteiligten, wandelte sich die Basis des Widerstands.