UN-Berichterstatter zum Recht auf Nahrung fordert Aufhebung der Sanktionen gegen Venezuela

Einseitige Zwangsmaßnahmen seien "grausam und bösartig und behindern die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung", so Michael Fakhri

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Pueblo a Pueblo setzt in Venezuela auf kleinbäuerliche, ökologische Landwirtschaft
Pueblo a Pueblo setzt in Venezuela auf kleinbäuerliche, ökologische Landwirtschaft

Genf/Caracas. Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen zum Recht auf Nahrung, Michael Fakhri, hat ein Ende der einseitigen Zwangsmaßnahmen gegen Venezuela gefordert.

Fakhri veröffentlichte am Ende seines zweiwöchigen Besuchs in dem karibischen Land eine vorläufige Bilanz. Der Bericht konzentriert sich vor allem auf die Wirtschaftssanktionen, die "negative Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion und -verteilung" haben.

Der UN-Experte wies auf blockierte oder überteuerte Importe und Treibstoffknappheit als direkte Folgen der Sanktionen hin. Die schwächsten Bevölkerungsgruppen seien unverhältnismäßig stark betroffen. "Einseitige Zwangsmaßnahmen sind grausam und bösartig und behindern die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung. Ich fordere alle beteiligten Staaten auf, die gegen Venezuela verhängten sektoralen Sanktionen, einschließlich sekundärer Sanktionen gegen Dritte, unverzüglich zu überprüfen und aufzuheben", schrieb er.

Vom 1. bis 14. Februar traf Fakhri, den die Regierung von Nicolás Maduro zu einem Besuch des Landes eingeladen hatte, mit Staatsbeamten, Nichtregierungsorganisationen und Basisorganisationen in verschiedenen Bundesstaaten und in der Hauptstadt Caracas zusammen.

In dem vorläufigen Bericht wurden weit verbreitete Probleme für die Bevölkerung beim Konsum von qualitativ hochwertigen Lebensmitteln festgestellt, entweder aufgrund geringer Einkommen oder fehlendem Zugang. "Als Folge davon sind die Familien gezwungen, negative Mechanismen zur Bewältigung anzuwenden, wie die Reduzierung der Portionsgrößen, das Auslassen von Mahlzeiten und den Kauf von weniger nahrhaften Lebensmitteln", stellte der Berichterstatter fest. Er bezeichnete die Schulspeisung als wesentlich für eine gute Entwicklung und den Schulbesuch und rief dazu auf, sich stärker auf "gemeinschaftsgeführte Initiativen" und lokal erzeugte Lebensmittel zu stützen.

Fakhri, Professor an der Universität von Oregon, stellte fest, dass indigene Gemeinschaften besonders gefährdet sind, wenn es um die Ernährungssicherheit geht, und äußerte sich besorgt über die allgemeinen Bedingungen in Haftanstalten.

Er forderte die Behörden auf, "die Transparenz zu erhöhen" und mehr Daten zur Ernährungspolitik zu veröffentlichen. Fakhri lobte die Verfassung des Landes und andere Instrumente wie das Saatgutgesetz von 2015, die das Recht auf Nahrung und Ernährungssouveränität verteidigen, forderte aber eine bessere Umsetzung und Durchsetzbarkeit.

Fakhri räumte zwar ein, dass der Privatsektor eine Rolle bei der Förderung der Lebensmittelproduktion und -verteilung spielen kann, wiederholte aber die von den Volksbewegungen immer wieder geäußerte Sorge über die Entstehung von Agrarmonopolen. Er empfahl der Regierung, die bestehende Unterstützung für Kleinerzeuger auszuweiten.

"Ich ermutige die Regierung nachdrücklich, einen dringenden Aktionsplan für das Recht auf Nahrung zu entwickeln, der auf den bestehenden Gesetzen, einem sozial integrativen Prozess und den bestehenden Beteiligungsmechanismen basiert", schloss Fakhri. Er wird dem UN-Menschenrechtsrat einen ausführlichen Bericht vorlegen.

Der Aktivist Ricardo Miranda von der Bewegung "Pueblo a Pueblo" stimmte der Einschätzung des UN-Berichterstatters zu, dass die von den USA verhängten Sanktionen nach wie vor das Haupthindernis für die Produktion auf dem Land darstellen. Er nannte den Transport, sowohl für die Landarbeiter selbst als auch für den Transport der Ernten, und den Zugang zu Betriebsmitteln als größte "Engpässe".

Pueblo a Pueblo ist eine Basisbewegung zur Organisierung von Produktion und Vertrieb von Lebensmitteln. Das Projekt bringt die landwirtschaftlichen Erzeuger mit den Stadtbewohnern zusammen.

Eine weitere Folge der Blockade sei die Dollarisierung der Kraftstoff- und Betriebsmittelpreise. Dadurch stiegen die Produktionskosten und es entstünden Ungleichgewichte, die die Kaufkraft der Verbraucherfamilien schmälern und sogar zu Ernteausfällen führen.

Miranda würdigte Fakhris Bereitschaft, die Gemeinden zu besuchen und sich von ihren Bemühungen zu überzeugen, inmitten der sanktionsbedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten weiter zu produzieren. Er stellte die Arbeit von Pueblo a Pueblo als einen Weg zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit und -souveränität in dem karibischen Land heraus. "Es ist unabdingbar, dass sich die Campesinos in Netzwerken, Gemeinden, Kooperativen usw. organisieren, um ein nachhaltiges Modell der Nahrungsmittelproduktion aufzubauen", argumentierte er. "Das ist eine Produktion für das Leben, nicht für das Kapital."

Der Aktivist wies auf die derzeitigen Bemühungen von Pueblo a Pueblo hin, mehr als 100.000 Kinder in 305 Schulen in acht Bundesstaaten mit gesunden Lebensmitteln zu versorgen. Die Produktion wird von 359 Campesino-Familien auf rund 450 Hektar Land sichergestellt.

"Wenn die UN und ihre Agenturen die Folgen der Sanktionen abmildern wollen, bieten wir die Pueblo a Pueblo-Methode (Organisation und Produktion an der Basis) an, die nahrhafte Lebensmittel liefert, die für die Entwicklung der Kinder unerlässlich sind und über die bestehenden Initiativen des Welternährungsprogramms hinausgehen", so Miranda.