Venezuela baut seine Öl- und Gasgeschäfte mit ausländischen Unternehmen aus

Seit die USA die Sanktionen teilweise gelockert haben, sind der Handel mit und Investitionen in Erdöl, Gas und Gold wieder für sechs Monate erlaubt

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Die Förderungs- und Produktionsstätten der PDVSA wie der Komplex Ana María Campos in Zulia brauchen dringend Investitionen
Die Förderungs- und Produktionsstätten der PDVSA wie der Komplex Ana María Campos in Zulia brauchen dringend Investitionen

Caracas. Nach der Teilaufhebung der US-Sanktionen gegen den Rohstoffsektor im vergangenen Oktober kehren internationale Unternehmen nach Venezuela zurück.

Am 18. Dezember unterzeichneten der venezolanische Erdölminister Pedro Tellechea und Francisco Gea, Geschäftsführer des spanischen Energiekonzerns Repsol, eine Vereinbarung, um die Arbeit des Joint Ventures Petroquiriquire im Bereich Erdöl und Gas wieder aufzunehmen. Der staatliche venezolanische Erdölkonzern PDVSA hält an dem Mischunternehmen 60 Prozent der Anteile. "Wir werden die Produktion erhöhen", kündigte Tellechea an.

Wenige Tage später einigten sich die Regierungen Venezuelas und des Nachbarstaates Trinidad und Tobago darauf, das Dragon-Gasfeld (Dragon Gas Field, Campo Dragón) vor der Küste Venezuelas gemeinsam auszubeuten. An der Förderung beteiligt sich neben dem Staatskonzern National Gas Company aus Trinidad und Tobago auch der Privatkonzern Shell, eines der weltweit größten Mineralöl- und Erdgasunternehmen.

Die beiden Unternehmen erhalten von PDVSA eine 30 Jahre gültige Förderlizenz. Mit der Kòrsou-Raffinerie (Rdk) in Curaçao schloss PDVSA zudem eine Vereinbarung über die mögliche künftige Verarbeitung venezolanischen Erdöls.

Im November hatte Venezuela bereits Verträge mit dem französischen Energieunternehmen Maurel & Prom über das Joint Venture Petroregional del Lago am Maracaibo-See unterzeichnet. Ebenfalls im November erwarb das schwedische Ölunternehmen Maha Energy die Rechte an einer Minderheitsbeteiligung am Joint Venture PetroUrdaneta, das drei Onshore-Felder im Maracaibo-Becken betreibt. Maha kaufte den Anteil von Novonor Latinvest, einer Tochtergesellschaft des brasilianischen Mischkonzerns Novonor (ehemals Odebrecht), der eine 40-prozentige Beteiligung an dem Unternehmen hielt. PDVSA hält 60 Prozent.

Weitere Projekte sind mit chinesischen, indischen, japanischen, mexikanischen, kolumbianischen und brasilianischen Unternehmen in Planung. Auch die internationalen Erdöldienstleistungsfirmen Halliburton, Baker and Hughes und SLB (ehemals Schlumberger) hatten angekündigt, wieder in Venezuela tätig zu werden.

Die Regierung von Präsident Nicolás Maduro erwartet in der Folge für das Wahljahr 2024 eine Steigerung der Staatseinnahmen. Ein Großteil der Projekte wird sich aufgrund notwendiger Investitionen allerdings erst mittelfristig rechnen.

Hinzu kommt, dass Venezuela im Zuge der Wirtschaftskrise bei seinen bisherigen internationalen Kooperationspartnern Milliardenschulden angehäuft hat, die durch neue Einnahmen abbezahlt werden müssen.

Der PDVSA-Tochterfirma Citgo in den USA, die in den vergangenen Jahren von der Opposition kontrolliert wurde, droht gar die Zerschlagung. Laut jüngsten Gerichtsentscheidungen in den USA soll der Konzern unter einer Reihe von Gläubigern versteigert werden.

Nachdem die US-Regierung zwischen 2017 und 2019 umfassende Sanktionen gegen den venezolanischen Erdölsektor verhängt hatte, zeigte sie sich seit Beginn des Ukraine-Krieges im Februar 2022 wieder an venezolanischem Öl interessiert.

Im Zuge eines Dialogs zwischen Regierung und Opposition genehmigte die US-Regierung im November 2022 zunächst dem Energiekonzern Chevron, venezolanisches Erdöl in die USA auszuführen. Ebenfalls von einer Lockerung der US-Sanktionen profitieren die europäischen Energiekonzerne Eni (Italien) und Repsol (Spanien). Im Mai vergangenen Jahres erteilte Venezuela ihnen die Erlaubnis, künftig Flüssiggas nach Europa zu exportieren. Die beiden Konzerne betreiben das Cardón IV-Offshore-Feld im Golf von Venezuela als rein privates Joint Venture, das nach und nach ausgeweitet wird.

Nach Unterzeichnung des "Abkommens von Barbados" Mitte Oktober des vergangenen Jahres, in dem sich die Regierung Maduro und die von den USA unterstützte venezolanische Opposition, die sich in der "Einheitlichen Plattform" zusammengeschlossen hat, auf die Erarbeitung transparenter Wahlbedingungen einigten, wurden die Sanktionen weiter gelockert (amerika21 berichtete). Der Handel mit und Investitionen in Erdöl, Gas und Gold sind vorerst wieder für sechs Monate erlaubt. Sie können allerdings jederzeit zurückgenommen werden, sollte sich die venezolanische Regierung nicht an die vereinbarten Schritte hin zu transparenten Wahlen halten und nicht näher spezifizierte "demokratische Bedingungen" nicht erfüllen.

Beobachter des Ölmarktes gehen indes nicht davon aus, dass die US-Regierung die Lockerung der Sanktionen wieder vollständig zurücknehmen könnte, da beide Seiten ein Interesse an der Steigerung der Produktion haben.

Laut aktuellen Zahlen der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) produzierte Venezuela im November 2023 780.000 Barrel pro Tag. Vor Beginn der Wirtschaftskrise im Jahr 2013 waren es durchschnittlich 2,5 Millionen Barrel. Um die Fördermenge deutlich anzuheben bräuchte der Erdölsektor milliardenschwere Investitionen, für die eine dauerhafte Aufhebung der Sanktionen nötig ist.

Zuletzt ist China das Hauptziel venezolanischer Rohöllieferungen gewesen. Im Rahmen bilateraler Vereinbarungen und der Rückzahlung von Schulden betrugen sie im Jahr 2023 durchschnittlich 430.000 Barrel pro Tag.