Solidarität der sozialen Bewegungen in Lateinamerika mit Opfern von Gaza

Darunter Brasiliens Landlosenbewegung, Mexikos EZLN, Argentiniens Mai-Platz-Mütter. Auf Demonstrationen hieß es: "Das ist kein Krieg, das ist Völkermord"

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Demonstration in Buenos Aires: Es sei "unerhört", wie viele Kinder und Babys "Tag für Tag durch die wahllosen israelischen Bombenangriffe auf den Gazastreifen getötet werden"
Demonstration in Buenos Aires: Es sei "unerhört", wie viele Kinder und Babys "Tag für Tag durch die wahllosen israelischen Bombenangriffe auf den Gazastreifen getötet werden"

Buenos Aires et al. Organisationen sozialer Bewegungen aus mehreren lateinamerikanischen Ländern sind seit Beginn der israelischen Bombardierung des Gazastreifens in Solidarität mit den palästinensischen Opfern auf die Straße gegangen. Sie fordern einen Waffenstillstand und die Einhaltung des humanitären Völkerrechts. Sie werfen der israelischen Regierung vor, einen "Völkermord" zu begehen.

In Buenos Aires haben letzte Woche Vertreter:innen von Gewerkschaften, Menschenrechts- und Basisorganisationen Argentiniens sowie der arabischen und palästinensischen Gemeinde eine große Kundgebung auf dem Kongressplatz organisiert. An der Veranstaltung nahmen auch Nora Cortiñas, Mitbegründerin der Madres de Plaza de Mayo (Mütter des Maiplatzes), und der Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel teil.

In einer dort verlesenen gemeinsamen Erklärung bezeichneten 55 Organisationen die Zahl der Kinder und Babys, "die Tag für Tag durch die wahllosen israelischen Bombenangriffe auf den Gazastreifen getötet werden", als "unerhört".

Es sei "unbegreiflich, dass Israel vor den Augen des zivilisierten Europas, der USA und der westlichen Mächte die Zivilbevölkerung in Gaza wahllos bombardieren darf".

Die Erklärung listet die Folgen der Bombardierungen auf: "Die Zerstörung von bewohnten Gebäuden, Gesundheitszentren und wichtiger Infrastruktur, die Tötung von freiwilligen Helfern und UN-Mitarbeitern, die Zerstörung von Moscheen, Kirchen und Schulen, in denen sich unschuldige und unbewaffnete Menschen aufhalten". Außerdem prangert sie den Einsatz von "weißem Phosphor gegen Zivilisten" an, "was ein Kriegsverbrechen darstellt".

Die argentinischen Organisationen kritisierten auch, dass das Vetorecht der USA, Großbritanniens und Frankreichs im UN-Sicherheitsrat Israel einen "Blankoscheck" für weitere Gräueltaten gebe.

Juan Grabois, ehemaliger Präsidentschaftskandidat bei den Vorwahlen, unterstützte die Kundgebung und erinnerte an die Erklärung der UNICEF, dass der Gazastreifen "ein Kinderfriedhof" sei.

In dem verlesenen Kommuniqué lobten die Demonstrierenden die Haltung der Mitglieder der internationalen jüdischen Gemeinden, die ebenfalls demonstrierten und die Parole "Nicht in unserem Namen" riefen, "weil sie verstehen, dass der Zionismus auch ihr Feind ist und sie sich durch die völkermörderische Politik des Staates Israel in keiner Weise vertreten fühlen".

Auch in Mexiko demonstrierten am Wochenende Mitglieder von 100 Organisationen sozialer Bewegungen. Sie forderten Präsident Andrés Manuel López Obrador (Amlo) auf, die diplomatischen Beziehungen zu Israel abzubrechen. Außerdem verlangten sie von den "israelischen Besatzungstruppen" einen Waffenstillstand.

Sie riefen Parolen wie "Netanjahu Faschist, du bist ein Terrorist", "Wo sind sie, wo sind die Sanktionen gegen Israel", "Das ist kein Krieg, das ist Völkermord". Dutzende mexikanische Gewerkschaften forderten diese Woche von Amlo, die diplomatischen Beziehungen zu Israel abzubrechen, wie es Bolivien getan hat. Sie verwiesen darauf, dass die Präsidenten von Chile und Kolumbien ihre Botschafter:innen aus Israel zu Konsultationen zurückgerufen hätten. Auch Honduras hat dies inzwischen getan.

"Mexiko kann nicht schweigen oder die Fakten einer solchen Gräueltat ignorieren. Die Politik der Nichteinmischung und der Achtung des Selbstbestimmungsrechts der Völker ist nicht gleichbedeutend mit Schweigen angesichts des langjährigen Völkermords und der Kriegsverbrechen an der palästinensischen Zivilbevölkerung", äußerten sie.

Der Ex-Subkomandante Marcos, heute Capitán Marcos, von der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) schrieb in einem Kommuniqué: "Jede Bombe, die auf Gaza fällt, fällt auch auf die Hauptstädte und Metropolen der Welt, sie haben es nur noch nicht begriffen. Aus den Trümmern wird der Schrecken des Krieges von morgen entstehen".

In Chile demonstrierten am Wochenende Tausende Menschen in der Hauptstadt, darunter auch Angehörige der palästinensischen Gemeinde. Es sei eine "friedliche, familiäre Demo" gewesen, wurde der Aktivist Pablo Abufón von der kubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina zitiert. "Wir wollten unsere Ablehnung der Ereignisse im Nahen Osten zum Ausdruck bringen, wo kein Krieg, sondern Völkermord stattfindet."

In Kolumbien versammelten sich Bürger:innen vor einem McDonald’s-Restaurant in einem reichen Stadtviertel, um ihre Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung zu zeigen. "Wir sind hier, um eine Besatzung anzuprangern", sagte ein Teilnehmer. "Es ist ein Völkermord und Ethnozid, der seit mehr als 75 Jahren andauert." Er prangerte an, "dass die US-Regierung erst gestern 14,5 Milliarden US-Dollar für die Eskalation des Krieges gegen die palästinensische Bevölkerung im Nahen Osten bewilligt hat". Die Demonstrierenden kritisierten außerdem, dass McDonald’s die israelische Armee mit gratis Essen für ihre Soldat:innen versorge.

In Puerto Rico malte die Gruppe "Feministisches Kollektiv im Aufbau" ein großes Wandbild mit Symbolen des karibischen Landes und Palästinas. Bei einer Demonstration kletterte der prominente Aktivist Tito Kayak auf den Mast der US-Flagge vor dem Kapitol in der Hauptstadt San José und tauschte sie gegen die palästinensische Flagge aus.

Auch die brasilianische Landlosenbewegung (MST) zeigt sich solidarisch mit den Opfern in Gaza. Sie schickte in Kooperation mit der brasilianischen Luftwaffe zwei Tonnen Lebensmittel nach Gaza. Ziel seien 100 Tonnen.

Dabei handelt es sich um Reis, Maisprodukte, Milch und Zucker, "die die Familien der Landlosenbewegung produzieren", erklärt die MST-Aktivistin Cassia Bechara. Sie würden sie an die Familien in Gaza schicken, "vor allem an die Kinder", betont sie. "Die Menschen in Gaza, die heute nicht an den Bombardierungen sterben, sind stark gefährdet, an Hunger, Trinkwassermangel und Nahrungsmangel zu sterben."