Argentinien / Politik

Konservative Opposition in Argentinien zerfällt nach Wahlniederlage

Bruch an der Frage der Unterstützung für ultraliberalen Milei. Ex-Präsident Macri moderiert Rechte für die Stichwahl

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Milei mit Macris Unterstützung: "Wir sind die Verteidiger der Freiheit, sie sind die Populisten"
Milei mit Macris Unterstützung: "Wir sind die Verteidiger der Freiheit, sie sind die Populisten"

Buenos Aires. Nachdem die konservative Kandidatin Patricia Bullrich im ersten Wahlgang Dritte wurde und somit aus der Endrunde ausschied, ist in der rechten Koalition ein heftiger Streit ausgebrochen. Hauptanlass ist die Entscheidung Bullrichs, den ultraliberalen Kandidaten Javier Milei, mit dem sie während des Wahlkampfes heftige Auseinandersetzungen hatte, in der Stichwahl zu unterstützen. Sie begründete dies mit der Notwendigkeit, dem "Kirchnerismus" ein Ende zu bereiten. Auch ihr Parteikollege, Ex-Präsident Mauricio Macri, ruft dazu auf, Milei zu wählen.

Als Kirchnerismus wird in Argentinien die Mitte-links Politik der peronistischen Bewegung bezeichnet, die durch die Amtszeiten von Präsident Néstor Kirchner und Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner zwischen 2002 und 2015 geprägt wurde.

Die Mitglieder der Union Cívica Radical (UCR), die zusammen mit Bullrichs Partei PRO Juntos por el Cambio bilden, sind mit der Entscheidung für Milei überhaupt nicht einverstanden und haben die Koalition aufgekündigt. Lediglich 30 Abgeordnete, also ein Drittel des Blocks, haben ihre offene Unterstützung Mileis erklärt.

Nachdem sein zweiter Platz in der ersten Wahlrunde bekannt wurde ‒ in den Vorwahlen war er erster geworden, Bullrich zweite ‒, hatte Milei begonnen, die anderen Oppositionsparteien zu umwerben, um ihre Unterstützung für die Stichwahl zu bekommen. Sogar der Linken bot er das Arbeitsministerium an.

Im Wahlkampf hatte er jedoch alle Gegner auf das Wüsteste beleidigt. Bullrich selbst nannte er eine "terroristische Bombenwerferin" der früheren Guerillaorganisation Montoneros, die Anschläge auf Kindergärten durchgeführt hätte. Bullrich zeigte ihn daraufhin an. Die Anführer der UCR bezeichnete er als "eingepisste Greise", die Kandidaten der Linken als Dreck und Müll. Sogar unpolitische Gruppen wie die Anhänger der Sängerin Taylor Swift oder der K-Pop Band BTS hatten er und seine Kandidatin für die Vizepräsidentschaft, Victoria Villaruel, mehfach beschimpft.

Lediglich Macri hatte er bereits vorher gelobt und ihm einen Posten als Außenminister oder Sonderbeauftragten angeboten. Die von Macri kontrollierten Medien hatten nach der Vorwahl auch begonnen, Milei zu unterstützen, sehr zum Unmut seiner eigenen Partei. Der jetzige, nicht abgesprochene Vorstoß Bullrichs und Macris wird als Verrat gewertet und dürfte einen kaum zu kittenden Schaden anrichten. Der Gouverneur der Provinz Jujuy, Gerardo Morales (UCR), bei den Vorwahlen Kandidat zum Vizepräsidenten, gab dem Ex-Präsidenten eine Hauptschuld an der Wahlschlappe.

Macri war es auch, der jetzt zwischen Milei und Bullrich vermittelte und eine Versöhnung herbeiführte, bei der Bullrich ihre Anzeige gegen Milei zurückzog. Dies vor dem Hintergrund, dass eine peronistische Regierung mit der neuen Zusammensetzung des Senats nach den jüngsten Parlamentswahlen die Möglichkeit hätte, endlich die Justiz zu reformieren und die von Macri eingesetzten Richter abzulösen. Diese sorgen seit Jahren für seine Straflosigkeit ‒ sei es in den zahlreichen Fällen illegaler Spionage, des Waffenschmuggels nach Bolivien zur Unterstützung des Staatsstreiches von Jeanine Añez oder in seinen Korruptionsfällen.

Aber auch in der Partei von Milei gibt es Unmut, da dieser nun auf einmal die Leute lobt, die er bisher als parasitäre "Politkaste" bezeichnete. Mehrere seiner Kandidaten haben deshalb ihren Austritt angekündigt.