Caracas. Beschäftigte von Venezuelas Ölindustrie haben in den letzten Tagen für bessere Löhne und Arbeitsrechte gestreikt.
Seit dem 1. Juni haben die Angestellten der Raffinerie Puerto La Cruz im Bundesstaat Anzoátegui im Osten Venezuelas vor der Unternehmenszentrale und weiteren Einrichtungen der Ölindustrie demonstriert. Auch Beschäftigte aus anderen Niederlassungen der staatlichen Ölgesellschaft PDVSA beteiligten sich.
José Bodas Lugo, Generalsekretär des Gewerkschaftsbundes der Erdölarbeiter (FUTPV), erklärte, dass die Raffineriearbeiter sich in einer "ständigen Versammlung" befänden, bis sie eine Antwort von den Behörden erhalten.
"Die soziale und wirtschaftliche Situation der Arbeiter und Rentner in der Ölindustrie ist sehr prekär", führte Bodas aus. "Unser Tarifvertrag ist vor 18 Monaten ausgelaufen und es gibt keine Fortschritte bei der Aushandlung eines neuen. Unsere Löhne sind unzureichend."
Die einfachen Angestellten von PDVSA verdienen zwischen 100 und 200 US-Dollar, doch nur ein kleiner Teil davon ist das Gehalt, aus dem andere Leistungen berechnet werden. In einigen Fällen gibt es Zuschläge etwa für Nachtschichten oder Transport.
Den Ölarbeitern seien in den letzten Jahren eine Reihe von Vergünstigungen gestrichen worden, wie die Möglichkeit, mithilfe von PDVSA ein Wohnungsbaudarlehen zu erhalten.
Die Hauptforderung der Proteste ist die Wiedereinführung der Sicoprosa-Krankenversicherung für die Branche. Bodas kritisierte, dass das Unternehmen seine Zusagen zur Reaktivierung des Programms nicht eingehalten habe.
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"Im Moment haben nur der PDVSA-Vorstand und die obersten Manager Zugang dazu", sagte er. "Damit ist der Rest der Belegschaft dem öffentlichen Gesundheitssystem ausgeliefert, das sich in einem schlimmen Zustand befindet". Zwei Arbeiter mit jahrzehntelanger Betriebszugehörigkeit seien vor kurzem in staatlichen Krankenhäusern wegen unzureichender Pflege gestorben.
Das Sicoprosa-Programm bot den PDVSA-Beschäftigten und ihren unmittelbaren Angehörigen eine großzügige Gesundheitsversorgung, sie konnten sich in privaten Kliniken in ganz Venezuela und sogar im Ausland kostenlos behandeln lassen. Es wurde durch einen Prozentsatz der Löhne der Beschäftigten sowie durch gesonderte Beiträge des Unternehmens finanziert.
Die Demonstrationen in Puerto La Cruz folgen auf eine Reihe anderer Proteste im öffentlichen Sektor und staatlichen Unternehmen, bei denen höhere Löhne, die Wiedereinführung von Tarifverhandlungen und andere Arbeitsrechte gefordert werden.
Inmitten massiver Sanktionen, die die Wirtschaftskrise im Land beschleunigten, verfolgte die Regierung von Präsident Nicolás Maduro in ihrem Bemühen um eine Stabilisierung der Wirtschaft einen liberaleren Ansatz, indem sie die Lohnanpassungen verlangsamte und Privatunternehmen Vorteile bot.
Am 1. Mai hob die Regierung das Mindesteinkommen für Beschäftigte im öffentlichen Dienst auf 70 US-Dollar an. Dies geschah jedoch in Form von lohnunabhängigen Prämien. Gewerkschafter kritisieren, die Maßnahmen seien auf die Interessen der Arbeitgeber zugeschnitten, da sie Sozialversicherungsbeiträge, Urlaubsgeld, Abfindungen und andere Leistungen senken.
Der Ölsektor, der wichtigste Wirtschaftsmotor des Landes, ist seit fast sechs Jahren von US-Sanktionen betroffen: PDVSA ist von den Finanzmärkten ausgeschlossen, Exporte sind blockiert und sogar Dritte werden für den Handel mit PDVSA ins Visier genommen.
Die Industrie ist zudem von Abwanderung und Korruption betroffen. Eine kürzlich durchgeführte Untersuchung führte zu Dutzenden von Verhaftungen wegen mutmaßlicher Veruntreuung von mindestens drei Milliarden Dollar (amerika21 berichtete).