Mehr als 1.000 Abtreibungen pro Tag in Peru trotz Kriminalisierung

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"Ich habe abgetrieben, weil sie mich vergewaltigt haben". Protestaktion gegen die Kriminalisierung der Abtreibung
"Ich habe abgetrieben, weil sie mich vergewaltigt haben". Protestaktion gegen die Kriminalisierung der Abtreibung

Lima. Jedes Jahr treiben in Peru mehr als 370.000 Frauen ab, obwohl Abtreibung zu großen Teilen kriminalisiert ist.

Eine Studie der digitalen Plattform "Salud con Lupa" zeigt detaillierte Einblicke in die Folgen der Kriminalisierung und damit vor allen Dingen die Verletzlichkeit von Frauen, Mädchen und Jugendlichen, die aufgrund ihrer Armut, Illegalität, sexueller Gewalt und erzwungener Schwangerschaft abtreiben.

In Peru können Schwangere nur dann legal abtreiben, wenn ein medizinisches Gremium entscheidet, dass ihr Leben oder ihre Gesundheit aufgrund der Schwangerschaft gefährdet sind. Dies führt dazu, dass Schwangere, die einen Abbruch wünschen, diesen im Verborgenen durchführen. Damit sind sie auf Grund mangelnder finanzieller Ressourcen oft unsicheren Eingriffen mit gefährlichen Substanzen, minderwertigen Pillen oder kontaminierten Instrumenten ausgesetzt.

Die Studie mit dem Titel "Verfolgt wegen Abtreibung: Von der Notaufnahme vor Gericht wegen Abtreibung" basiert auf 908 dokumentierten Fällen zwischen 2016 und 2021. Für die Untersuchung wurden die Fälle von 41 Frauen genauer analysiert, die wegen Abtreibung vor Gericht standen. Die Studie zeigt, dass von den 908 Fällen lediglich 77 Frauen verurteilt und keine davon ins Gefängnis geschickt wurde. Laut Aufzeichnungen des Nationalen Strafvollzugsinstituts (INPE) kam im Jahr 2015 die letzte Frau wegen Abtreibung ins Gefängnis.

Die Zahlen legen den Schluss nahe, dass die Politik der Kriminalisierung in Peru keine Wirkung zeigt. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Die Anthropologin Sandra Rodríguez aus Cajamarca schildert, dass das Gesetz in Wirklichkeit äußerst effektiv ist, um sein Ziel zu erreichen: Frauen zu bestrafen, die ihre Schwangerschaft nicht fortsetzen wollen. Die Bestrafung erfolgt zwar nicht in Form einer Gefängnisstrafe, aber in Form von Stigmatisierung.

Schwangere, die sich für einen Abbruch entscheiden, müssen diesen Weg oft allein gehen, haben keine angemessenen Informationen oder Unterstützung und setzen ihre Gesundheit oder sogar ihr Leben aufs Spiel. Wenn sie dann medizinische Hilfe suchen, werden sie oft in einen juristischen Prozess verwickelt. Dieser bringt sie zwar nicht ins Gefängnis, sie müssen aber trotzdem die Konsequenzen der Anklagen tragen. Die gerichtlichen Auflagen umfassen oft die Zahlung einer Geldstrafe, die regelmäßige Vorstellung bei Gericht und das Verbot, den Wohnsitz ohne Genehmigung zu wechseln.

Die Studie zeigt laut "Salud con Lupa", dass die Kriminalisierung von Abtreibung gravierende Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen hat. Sie führe zu einer Verletzung ihrer Rechte, einer Verschlechterung ihrer Gesundheit und ihrer sozialen und wirtschaftlichen Situation. Die Regierung müsse dringend Maßnahmen ergreifen, um die Abtreibung zu entkriminalisieren, den Zugang zu sicheren Verfahren zu gewährleisten und die sexuelle und reproduktive Gesundheit der Frauen zu schützen. Die Strafverfolgung von Frauen, die einen Abbruch vornehmen lassen, sei keine Lösung, sondern verschärfe nur das Leid und die Ungleichheit.