Quito. Das Amtsenthebungsverfahren gegen den ecuadorianischen Präsidenten Guillermo Lasso schreitet weiter voran. In der vergangenen Woche beendete die parlamentarische Untersuchungskommission ihre Beweisaufnahme.
Die Opposition wirft Lasso Amtsmissbrauch und Korruption vor. Im Mittelpunkt stehen dabei Veruntreuungen innerhalb des staatlichen Ölkonzerns Flopec. In diesem Zusammenhang ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen eine Reihe hochrangiger Beamter, unter anderem auch den Schwager des Präsidenten, Danilo Carrera.
Die Opposition wirft Lasso vor, von den Veruntreuungen gewusst und diese durch die Besetzung entsprechender Posten weiter ermöglicht und gefördert zu haben. In ihrem knapp zweistündigen Abschlussplädoyer verdeutlichte Viviana Veloz, Abgeordnete der progressiven Unes-Fraktion, dass die Oppositionsfraktionen von der Schuld des Präsidenten fest überzeugt seien und es "Millionen von Beweisen" hierfür gebe.
"Mit diesem Amtsenthebungsverfahren soll das größte Hindernis aus dem Weg geräumt werden, dem Ecuador heute gegenübersteht, und dieses Hindernis hat einen Vornamen und einen Nachnamen: Guillermo Lasso Mendoza. Wenn dieses Hindernis aus dem Weg geräumt ist, werden wir in der Lage sein, voranzukommen," so die Abgeordnete in ihrer Stellungnahme.
Die Regierung hingegen sieht die Angelegenheit anders. Es gebe keinerlei Beweise, die belegen könnten, dass der Präsident über die Veruntreuungen informiert gewesen sei. Lassos Anwalt Edgar Neira kritisierte darüber hinaus, dass die Kommission weiterhin die von der Internetseite La Posta veröffentlichten Audiomitschnitte verwende. Die Seite hatte als erste in einem umfangreichen Dossier über den Korruptionsfall berichtet. Neira monierte, dass die Abgeordneten nicht gegen die Garantie eines ordnungsgemäßen Verfahrens verstoßen könnten, indem sie die Rechtmäßigkeit des Beweismaterials nicht beachteten.
Die Kommission muss ihre Ergebnisse nun in einem Bericht innerhalb von zehn Tagen zusammenfassen und den übrigen Abgeordneten eine Empfehlung über die Amtsenthebung aussprechen.
Damit Lasso sein Amt verliert, müssten mindestens 92 der 137 Parlamentarier dafür stimmen. Vertreter der Opposition äußerten sich in der Vergangenheit optimistisch, die notwendige Anzahl an Stimmen zu erreichen. Dies wird von der Regierung bezweifelt.
Die entscheidende Abstimmung hierzu soll in der zweiten Maihälfte stattfinden. Sollte das Votum erfolgreich sein, würde Lasso sein Amt mit sofortiger Wirkung verlieren. Bis zur nächsten regulären Präsidentschaftswahl 2025 würde Vizepräsident Alfredo Borrero an die Spitze der Regierung treten.
Möglich ist auch, dass Lasso noch vor der entscheidenden Abstimmung im Parlament das präsidiale Vorrecht "muerte cruzada" nutzen könnte: Dies ermöglicht es dem Präsidenten laut Verfassung, das Parlament mit sofortiger Wirkung aufzulösen und Parlaments- und Präsidentschaftswahlen vorzuziehen. Bis dahin kann die Regierung mit Dekreten weiterregieren.
Lasso hatte bereits angekündigt, dass er diese Option genau prüfe und im Falle der Anwendung auch erneut für die Präsidentschaft kandidieren würde.
Beobachter befürchten, dass dies die sozialen Proteste im Land erneut anfachen könnte, da soziale Organisationen und auch die stark mobilisierungsfähigen Indigenenverbände vehement die Absetzung des Präsidenten fordern.