Ecuador / Menschenrechte

Landesweite Empörung in Ecuador nach Femizid an María Belén Bernal

Fall wirft Fragen nach der Rolle staatlicher Sicherheitskräfte auf. Präsident Lasso zieht personelle Konsequenzen. Proteste in mehreren Städten

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Frauen machen den ecuadorianischen Staat für den Femizid an Bernal verantwortlich
Frauen machen den ecuadorianischen Staat für den Femizid an Bernal verantwortlich

Quito. Nachdem die Anwältin María Belén Bernal elf Tage lang als vermisst galt, ist ihre Leiche auf einem Hügel fünf Kilometer von einer Polizeikaserne entfernt gefunden wurde. Diese war Arbeitsplatz des mutmaßlichen Täters, ihrem Ehemann Germán Cáceres. Nach ihm wird seitdem national wie international gefahndet. Bernal wurde mittlerweile, begleitet von Protesten, im Theater der Zentraluniversität von Ecuador beigesetzt.

In der Nacht vor ihrem Verschwinden, dem 11. September, hatte Bernal ihren Partner Cáceres an seiner Arbeitsstelle, einer auch als Polizeischule dienenden Kaserne im Norden der Hauptstadt, besucht. Dort wurde sie das letzte Mal lebend gesehen. Zwei Tage später meldete ihr Mann sie als vermisst und tauchte unter.

Zwei Zeugen, eine Kadettin und ein Polizeileutnant, haben mittlerweile ausgesagt, in der mutmaßlichen Tatnacht Tritte, Schläge und Rufe gehört zu haben. Für Hinweise, die zur Verhaftung des Tatverdächtigen führen, hat die Regierung eine Belohnung von bis zu 20.000 US-Dollar versprochen.

In Quito und weiteren Städten organisierten nach Bernals Verschwinden Angehörige und feministische Gruppen zahlreiche Demonstrationen. Das an den Protesten beteiligte Bündnis "Allianz der Menschenrechtsorganisationen" forderte den Staat und die nationale Regierung bereits auf, tiefgreifende Reform ihrer Institutionen durchführen, um die Menschenrechte zu garantieren.

Cecilia Jaramillo, Sprecherin des Kollektivs "Frauen für den Wandel", macht die Nationale Polizei und den Staat für das Schicksal der Anwältin verantwortlich. Auf den Demonstrationen wurde unter anderem die endgültige Schließung der Schule gefordert, welche symbolisch für einen Tag geschlossen blieb.

Auch Juan Pablo Albán, Berichterstatter des UN-Ausschusses gegen das Verschwindenlassen (CED) und Professor an der Universität San Francisco de Quito, betont, dass "der Täter in diesem Fall ein Staatsbediensteter ist und er diesen Umstand missbraucht, indem er in einer staatlichen Einrichtung und unter Mitwirkung anderer Staatsbediensteter ein Familienmitglied verschwinden lässt."

Die Regierung hat den Fall nun zu einer Staatsangelegenheit deklariert und die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) um Hilfe bei der Untersuchung des Falls gebeten, um so die Unparteilichkeit sowie die Einhaltung der Menschenrechte zu gewährleisten. Zuletzt mehrten sich Aussagen, dass Cáceres Mittäter gehabt haben könnte. Der Zugang zu Polizeieinrichtungen ist beschränkt und wird kontrolliert sowie dokumentiert. Bernals Zutritt wurde aufgezeichnet, aber nicht ihr Verlassen der Einrichtung.

Präsident Guillermo Lasso gab indes bekannt, dass er im Zusammenhang mit dem Femizid den Rücktritt von Innenminister Patricio Carrillo angeordnet habe, dessen Posten mit Juan Zapata neu besetzt wird. Dies soll einer der ersten Schritte hin zu einer Umgestaltung der ecuadorianischen Nationalpolizei sein. Außerdem entließ Lasso die Generäle Freddy Goyes und Giovanni Ponce aus der Nationalen Polizei und forderte einige Polizeikommandanten zum Rücktritt auf.

Ecuador macht derzeit eine landesweite Sicherheitskrise mit gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Polizei, Militär und kriminellen Banden durch, wovon insbesondere die Hafenstadt Guayaquil betroffen ist (amerika21 berichtete). Repräsentanten der staatlichen Justiz sind zunehmend gefährdet. Erst vor einer Woche wurde der Staatsanwalt Édgar Escobar auf der Straße vor seiner Arbeitsstelle ermordet – der dritte getötete Staatsanwalt in diesem Jahr. Er war Spezialist für Fälle zu Drogenhandel, der Gefängniskrise, gewaltsamen Todesfällen und Geldwäsche.

Juristisch wird darüber diskutiert, ob es sich im Fall Bernal um ein Verbrechen mit staatlicher Verantwortung handelt, also um ein sogenanntes Staatsverbrechen aufgrund Mittäterschaft oder Unterlassung, oder um einen individuellen Fall von Femizid. Diese Entscheidung wird bei den Angehörigen liegen und den Prozess beeinflussen.