Krieg in Kolumbien "made in Germany": Waffenfirma SIG Sauer verurteilt

Deutscher Waffenproduzent muss nach BGH-Entscheidung Millionen-Strafe zahlen. Illegaler Waffenhandel gilt als "erwiesen". Aktivist:innen feiern Sieg

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Ein Netzwerk aus Kriegsgegner:innen und Friedensaktivist:innen kritisiert seit Jahren die Rüstungs- und Waffentransporte
Ein Netzwerk aus Kriegsgegner:innen und Friedensaktivist:innen kritisiert seit Jahren die Rüstungs- und Waffentransporte

Karlsruhe/Bogotá. Die Waffenfirma SIG Sauer muss wegen illegaler Waffenexporte nach Kolumbien rund elf Millionen Euro zahlen. So entschied der Bundesgerichtshof am Donnerstag. Die SIG-Sauer-Pistolen wurden aus Deutschland über die USA nach Kolumbien geliefert und dort bei Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen eingesetzt.

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat das Unternehmen zu der Zahlung verpflichtet und damit ein Urteil des Landgerichts Kiel weitestgehend bestätigt. Dieses Geld stamme aus illegalem Handel mit Pistolen mit der kolumbianischen Landespolizei. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die früheren Geschäftsführer des Standorts Eckernförde mehr als 47.000 Pistolen vom Typ SP 2022 an eine Schwesterfirma in den USA geliefert hatten, von denen mehr als 38.000 nach Kolumbien weiterverkauft wurden.

In einer Pressemitteilung erklären die Anzeigensteller "Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!", die "Verurteilung zu dieser historischen Summe ist ein riesiger Erfolg". Die Kampagne hatte den Prozess mit ihrer Strafanzeige aus dem Jahr 2014 angestoßen. "Dies ist die höchste Summe, die je von einem Kleinwaffenhersteller eingezogen worden ist", kommentiert Holger Rothbauer, der Anwalt der Kampagne. Mit Recherchen vor Ort könne die Kampagne und die Nichtregierungsorganisation Terre des Hommes belegen, dass SIG-Sauer-Waffen in Kolumbien von Drogenbanden und Paramilitärs bei Verbrechen eingesetzt und auch Kindersoldat:innen aufgezwungen werden. Nicht zuletzt in der aktuellen Protestwelle seien diese Waffen in Händen von Polizisten und Militärs gesehen worden. Die Polizei in Kolumbien ist vornehmlich mit SIG-Sauer-Waffen ausgestattet.

Die jahrelange massive Kritik von Friedensaktivist:innen gegen die Waffenindustrie trägt nun Früchte. Die Kampagne erklärte, nach Heckler & Koch sei SIG Sauer nun der zweite deutsche Kleinwaffenhersteller, der innerhalb weniger Monate vom Bundesgerichtshof zu Millionenzahlungen verurteilt werde. Aktion Aufschrei hatte im Jahr 2014 Anzeige wegen illegaler Waffenexporte gegen SIG Sauer gestellt. Daraufhin waren 2019 drei Führungskräfte des Unternehmens aus Deutschland und den USA vom Landgericht Kiel zu Bewährungsstrafen rechtskräftig verurteilt worden. Die SIG Sauer Produktionsstätte in Eckernförde wurde zur Jahreswende 2020/21 geschlossen. Ob dies mit der Kritik an ihren Machenschaften zu tun hatte, ist nicht bekannt.

Doch damit geben sich die Kriegsgegner:innen nicht zufrieden: Seit April 2020 liegt eine weitere Strafanzeige gegen SIG Sauer wegen illegaler Kleinwaffenexporte nach Mexiko, Nicaragua sowie erneut Kolumbien vor. Charlotte Kehne, Sprecherin der "Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!", sagt: "Der Endverbleib von Kleinwaffen ist nicht kontrollierbar. Ein strenges Rüstungsexportkontrollgesetz inklusive Kleinwaffenexportverbot ist daher mehr als überfällig."