Argentinien: IWF glaubt an Lösung für Staatsschulden

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Präsident Fernández wirft Amtsvorgänger Macri vor, den IWF-Kredit als politisches Instrument missbraucht zu haben
Präsident Fernández wirft Amtsvorgänger Macri vor, den IWF-Kredit als politisches Instrument missbraucht zu haben

Washington D.C./Buenos Aires. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat sich in Bezug auf eine mögliche Einigung bei der Umstrukturierung der argentinischen Staatsschulden vorsichtig optimistisch geäußert. Im Rahmen einer Presskonferenz sagte der Leiter der Abteilung für die Westliche Hemisphäre Alejandro Werner: "Die argentinische Regierung ist dabei, einen umfassenden Plan auszuarbeiten, der durch ein internationales Finanzierungsprogramm unterstützt werden könnte. Das ist der Punkt, an dem wir im Moment stehen."

Laut Werner gebe es eine enge Zusammenarbeit mit der Regierung von Staatspräsident Alberto Fernández. Der IWF macht damit aber einen möglichen Erfolg der Schuldenverhandlungen auch von den jeweiligen wirtschaftspolitischen Plänen der argentinischen Regierung abhängig. Mitte November soll eine IWF-Delegation erneut Argentinien besuchen und die Verhandlungen offiziell aufnehmen.

Da vergangene Erfahrungen mit der internationalen Finanzinstitution bei vielen Argentiniern die Alarmglocken schrillen lassen, ist der IWF bedacht darauf, ein neues Bild von sich zu vermitteln. Werner betonte daher auch die schwierige Situation des Landes aufgrund der Corona-Pandemie und die Wichtigkeit politischer Maßnahmen, um die sozialen Folgen zu lindern. Zum argentinischen Wirtschaftsprogramm meinte Werner, dieses müsse in den kommenden Monaten "eine angemessene Balance zwischen der Unterstützung von Familien während der Pandemie und der Erholung der argentinischen Wirtschaft finden." Es gelte die makroökonomische Stabilität wiederzuerlangen, "und daran arbeitet die Regierung gerade", so Werner.

Nichts Neues hörte man bislang jedoch zur Frage, welche Forderungen der IWF hinsichtlich klassischer "Strukturanpassungsthemen" wie Pensionsreformen und Aufweichung des Arbeitsrechts einnehmen wird. Einige der klassischen Maßnahmen neoliberaler Politik dürften jedoch mit der aktuellen Regierung nicht mehr umzusetzen sein. Dazu gehört etwa der freie Devisenverkehr, der zuletzt in der Ära des konservativen Präsidenten Mauricio Macri zum galoppierenden Wertverfall des argentinischen Pesos geführt hat, die Inflation in die Höhe trieb und zur Verbreitung von Armut beitrug. Aktuell gehören Devisenkontrollen zu den zentralen wirtschaftspolitischen Steuerungsinstrumenten der Regierung Fernández.

Am gleichen Tag wie der IWF äußerten sich auch Interessensgruppen von Privatgläubigern zu Wort. In einem Pressekommuniqué hieß es, mit der Einigung über eine Schuldenumstrukturierung vergangenen August hätte man Argentinien eine "historische Chance für einen Neuanfang" ermöglicht. Danach folgte eine Kritik der aktuellen Wirtschaftspolitik. Die Regierung hätte nichts getan, um das Vertrauen der Investoren wiederherzustellen, stattdessen hätte sich die Wirtschaftskrise vertieft. Motiv für die Kritik der Privatinvestoren dürfte vor allem der Wertverlust ihrer im Zuge der Schuldenumstrukturierung erworbenen Staatsanleihen sein. Im Unterschied zum IWF führen sie die Corona-Pandemie nicht als Milderungsgrund ins Treffen.

Die argentinische Wirtschaft dürfte in diesem Jahr eine Rezession von bis zu zwölf Prozent erleiden. Parallel zur Wirtschaftskrise musste die im Dezember des Vorjahres angetretene Regierung von Alberto Fernández Schulden mit Privatgläubigern in der Höhe von 100 Milliarden US-Dollar neu verhandeln. Im Sommer stand Argentinien deshalb einen Schritt vor dem Staatsbankrott, welcher erst Anfang August durch eine Einigung in letzter Minute verhindert werden konnte. In den Verhandlungen mit dem IWF geht es nun um die Umstrukturierung weiterer 44 Milliarden US-Dollar.