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US-Wissenschaftler: Der Betrugsvorwurf der OAS über Wahlen in Bolivien war haltlos

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Evo Morales sieht durch die Studie des Massachusetts Institute of Technology bestätigt, dass die Rechtsopposition und die OAS Bolivien seines Wahlsiegs "beraubt" hätten
Evo Morales sieht durch die Studie des Massachusetts Institute of Technology bestätigt, dass die Rechtsopposition und die OAS Bolivien seines Wahlsiegs "beraubt" hätten

Washington. Wie ein Paukenschlag hat eine Untersuchung von zwei Experten des Massachusetts Institute of Technology (MIT) gewirkt, wonach es für die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) keinen Grund gegeben habe, zu erklären, bei den Präsidentschaftwahlen vom letzten Oktober in Bolivien sei Betrug im Spiel gewesen.

Nach einer entsprechenden Beurteilung durch die OAS hatte die rechte Opposition in Bolivien gegen die Wiederwahl von Evo Morales mobilisiert und Polizei und Militär den rechtmäßigen Präsidenten genötigt zurückzutreten. Morales und Mitglieder seiner Regierung wurden durch Drohungen gezwungen, ins Exil zu gehen. Seitdem herrscht eine Putschregierung unter Führung von De-facto-Präsidentin Jeanine Áñez.

Ein Artikel in der US-Tageszeitung The Washington Post berichtete nun über die Untersuchung des Election Data and Science Lab des MIT, wonach etwa 1.000 Durchläufe methodologisch überlegener statistischer Simulationen es "höchst wahrscheinlich" machten, dass Evo Morales die Differenz von zehn Prozent der Wählerstimmen als Abstand zum zweitplatzierten Kandidaten der Rechten überschritten hatte. Diese Differenz ist nach bolivianischem Wahlrecht notwendig, um einen zweiten Wahlgang auszuschließen.

"Es scheint keine statistisch messbare Differenz in der Marge vor und nach der Aussetzung der vorläufigen Schnellauszählung gegeben zu haben", bestätigen die Forscher des weltweit führenden Instituts, John Curiel und Jack R. Williams, in ihrem Report.

Bei den Wahlen vom 20. Oktober 2019 wurde eine erste Schnellauszählung – nach Angaben der Wahlbehörde des Landes wegen technischer Probleme – für mehrere Stunden unterbrochen. Vor dieser Unterbrechung betrug der Vorsprung von Präsident Morales vor seinem stärksten Herausforderer, Carlos Mesa, weniger als zehn Prozent, was einen zweiten Urnengang bedeutet hätte. Nach fortgesetzter Auszählung ergab sich dann ein Vorsprung von mehr als zehn Prozent.

Die Wissenschaftler bestätigen nun dieses Ergebnis. "Morales hatte einen Vorsprung von mindestens 10,49 Prozent vor seinem Herausforderer." Der Anstieg der Stimmen für Morales nach der Unterbrechung ließe sich "vollkommen mit den bereits abgegebenen Stimmen erklären". Kenner des Landes hatten bereits darauf hingewiesen, dass der höhere Zuwachs der Morales-Stimmen zum Ende der Auszählung lediglich die stärkere Basis das Politikers in den ländlichen Regionen widerspiegelte, deren Ergebnisse später eintrafen. Die MIT-Studie urteilt über die OAS-Erklärungen hart. Deren Schlussfolgerunmgen seien "zutiefst fehlerhaft" gewesen.

Nachdem die OAS frühere Nachfragen der Wissenschaftler unbeantwortet ließ, reagierte sie nach der prominenten Veröffentlichung der Studie heftig. In einer Stellungnahme stützt sie sich auf "Beweise für vorsätzliche Akte" zur Manipulation der Wahlen, "schwere Unregelmäßigkeiten wie einen Mangel an Schutz der Wahlunterlagen", eine "signifikante Zahl an Fehlern" und ein "offenkundiges Foul Play". Die hochangesehenen Wissenschaftler bezeichnet die Erklärung als "Individuen, die sich selbst als Wissenschaftler und Spezialisten für Wahlprozesse ansehen". Im Übrigen habe die Europäische Union, die auch Wahlbeobachter vor Ort hatte, die OAS-Einschätzung eines “Wahlbetrugs“ geteilt.

Der entmachtete Präsident Boliviens äußerte sich bereits zu dem Washington Post-Artikel. Die Untersuchung sei "ein weiterer Beweis des monumentalen Raubs, den [Carlos] Mesa, [Jeanine] Áñez, [Luis] Camacho und [Luis] Almagro gegenüber allen Bolivianern begangen haben“, schrieb Morales auf Twitter.

Unterdessen hat die Regierung von Mexiko die OAS aufgefordert, die "Mängel" bei ihrer Prüfung der Wahlen in Bolivien zu erklären. "Unser Vertreter bei der OAS wird formell beantragen, dass eine dritte Partei einen Vergleich beider Studien durchführt und die Diskrepanzen zwischen ihnen klärt", sagte der Sprecher des mexikanischen Außenministeriums, Roberto Velasco. "Angesichts der Ergebnisse der Studie, die die Analyse der OAS und die Äußerungen ihres Generalsekretärs Luis Almagro in Frage stellen, sollte die Organisation aus unserer Sicht die von diesen beiden Forschern bekannt gemachten Mängel in ihrem Bericht klären und erklären", bekräftigte Velasco.