Venezuela: Regierung und Opposition führen Gespräche fort, USA planen neue Sanktionen

Wieder Zusammenkunft in Norwegen. Sanktionen der USA gegen staatliches Programm zur Nahrungsmittelversorgung in Vorbereitung

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Die Mehrheit der Bevölkerung Venezuelas unterstützt einen Dialog zwischen Regierung und Opposition
Die Mehrheit der Bevölkerung Venezuelas unterstützt einen Dialog zwischen Regierung und Opposition

Oslo/Caracas. Norwegens Regierung hat bekanntgegeben, dass Vertreter von Venezuelas Regierung und Opposition diese Woche in Oslo weitere Gespräche zur Vorbereitung eines politischen Dialogs führen werden. Das Außenministerium des skandinavischen Landes bekräftigte am Samstag seine Bereitschaft, "die Suche nach einer Verhandlungslösung zwischen den Parteien in Venezuela zu unterstützen". Unterdessen plant die US-Regierung offenbar neue Zwangsmaßnahmen gegen das südamerikanische Land.

Am 17. Mai hatte Norwegen erstmal öffentlich gemacht, dass es als Vermittler im politischen Konflikt in dem südamerikanischen Land agiert. Von Regierungsseite waren Kommunikationsminister Jorge Rodríguez und der Gouverneur des Bundesstaats Miranda, Héctor Rodríguez, nach Oslo gereist. Beide sind Führungsmitglieder der regierenden Vereinten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV). Laut Präsident Nicolás Maduro sollen beide auch jetzt der Regierungsdelegation angehören. Begleitet werden sie von Außenminister Jorge Arreaza. Die Regierungsvertreter würden nach Norwegen reisen, "um den Dialog und die Gespräche fortzuführen", die zu "Frieden und Dialog für unser Land" führen sollen, so Maduro.

Als Gesandte der Opposition nehmen, wie bereits Mitte Mai, der zweite Vizepräsident des Parlaments, Stalin González, und der ehemalige Abgeordnete Gerardo Blyde an Gesprächen in Norwegens Hauptstadt teil.

Oppositionsführer und Parlamentspräsident Juan Guaidó, der sich bislang klar gegen einen Dialog ausgesprochen hatte, bestätigte, dass Gesandte der Opposition an dem kommenden Treffen in Oslo teilnehmen werden. Es handle sich dabei nicht um einen Dialog oder eine Verhandlung, sondern um "eine Mediation, um das Ende der Usurpation zu erreichen". Gegen Kritik aus den eigenen Reihen an der Teilnahme verteidigte sich der Politiker: Man müsse "auf allen Brettern spielen" und überall Präsenz zeigen. Guaidó, der sich am 23. Januar selbst zum "Interimspräsidenten" Venezuelas erklärte, bezeichnet Präsident Maduro als "Usurpator" und nennt das "Ende der Usurpation" als eines der zentralen Ziele der Opposition.

Eine unversöhnliche Haltung nahm indes US-Vizepräsident Mike Pence ein. "Die Zeit des Dialogs ist vorbei", sagte er in einem Interview. "Es ist jetzt Zeit für Handlungen. Es ist der Moment für Nicolás Maduro, um zu gehen", so Pence.

Die USA erkannten als erste ausländische Regierung Guaidó als "Interimspräsident" an und verfolgen offen eine Agenda des erzwungenen Regierungswechsels in Venezuela. In jüngster Zeit haben die USA zu diesem Zweck mehrfach ihre Finanz- und Wirtschaftssanktionen verschärft.

Erst vor wenigen Tagen berichtete die Nachrichtenagentur Reuters, dass neue Strafmaßnahmen in Vorbereitung sind. Laut namentlich nicht genannter US-Funktionäre richten sie sich gegen Mitarbeiter des staatlichen Nahrungsmittelhilfeprogramms und sollen innerhalb der nächsten drei Monate umgesetzt werden. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump will demnach Sanktionen gegen Beamte und andere Akteure verhängen, die an den Lokalen Komitees für Versorgung und Produktion (Comités Locales de Abastecimiento y Producción, Clap) beteiligt sind. Zur Begründung heißt es, sie nutzten das Programm, um "Geld für die Regierung zu waschen".

Maduro zeigte sich angesichts dieser Drohungen aus den USA kämpferisch. Die US-Regierung versuche alles, um zu verhindern, dass Lebensmittel nach Venezuela kommen. "Aber nichts und niemand wird die Clap aufhalten, weder Donald Trump noch tausend Putschisten", sagte der Präsident bei seiner Rede zum Abschluss des Lateinamerikanischen und Karibischen Studentenkongresses am Samstag. Die Bevölkerung rief er "zu höchstem Verständnis, Bewusstsein, Widerstand und Kampfgeist angesichts der Schwierigkeiten" auf.

Die Clap wurden im April 2016 gegründet, um die Versorgung der Bevölkerung mit staatlich subventionierten Lebensmitteln zu garantieren. Nach Angaben der Regierung werden damit rund sechs Millionen Familien versorgt. Die zuletzt mindestens einmal monatlich ausgelieferten Lebensmittelpakete enthalten Grundnahrungsmittel, die importiert werden. Die Opposition wirft der Regierung vor, mit dem nicht von unabhängiger Stelle kontrollierten Programm Korruption zu fördern. Zudem sichere sie sich mit den Clap politische Loyalität.

Ende vergangenen Jahres gaben 86 Prozent der Haushalte an, die Pakete zu erhalten. Während von den Regierungsanhängern 91 Prozent auf die Clap-Lieferungen zurückgriffen, betrug diese Rate bei Oppositionellen 85 Prozent.

Die Regierung Trump argumentiert bei ihrer Regime-Change-Politik immer wieder mit einer "humanitären Krise" in Venezuela. Dieser Linie folgten auch meist rechtsgerichtete Regierungen in Lateinamerika und westliche Staaten. Zugleich greifen die USA aber gezielt die Kapazitäten der venezolanischen Regierung an, die Bevölkerung mit Nahrung und Medikamenten zu versorgen.

Erst kürzlich hatte der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen über die negativen Folgen einseitiger Zwangsmaßnahmen, Idriss Jazairy, in einem Bericht festgestellt, die Verhängung von Sanktionen für politische Zwecke verletze die Menschenrechte und die Normen des internationalen Verhaltens. Sie könnten "von Menschen verursachte humanitäre Katastrophen von beispiellosem Ausmaß" auslösen.