Staatsanwaltschaft in Chile fordert 15 Jahre Haft für Polizisten im Fall Catrillanca

Anklage gegen acht Beschuldigte erhoben. 73 Zeugen geplant, darunter Innenminister Chadwick. Indizien einer Vertuschung

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Die chilenische Staatsanwaltschaft klagt acht Personen im Fall des ermordeten Camilo Catrillanca an
Die chilenische Staatsanwaltschaft klagt acht Personen im Fall des ermordeten Camilo Catrillanca an

Temuco. Die Staatsanwaltschaft hat im Fall des von Polizisten getöteten Mapuche Camilo Catrillanca insgesamt gegen acht Beschuldigte Anklage erhoben, nachdem die Ermittlungen Mitte Mai für abgeschlossen erklärt wurden. Das Verfahren in Chile wird vom Leiter der Einheit für Menschenrechte der Staatsanwaltschaft Temuco, Roberto Garrido, geleitet werden.

Gegenüber Radio Cooperativa erklärte Garrido, die Ermittlung habe es trotz ihrer Komplexität und kurzen Dauer "ermöglicht, Indizien zu finden, die die Existenz dieser Verbrechen und die Beteiligung der Angeklagten belegen, sowie dass es eine mörderische Handlung gab, und danach diese Tatsache vertuscht worden ist."

Camilo Catrillanca war Mitte November vergangenen Jahres auf dem Weg von der Feldarbeit mit einem Kopfschuss von hinten getötet worden. Die dabei eingesetzte und mittlerweile aufgelöste Spezialeinheit "Dschungelkommando" hatte nach eigenen Angaben Autodiebe auf das Gebiet der indigenen Mapuche-Gemeinde Temucuicui verfolgt. Zahlreiche Videoaufnahmen haben diese Behauptung mittlerweile widerlegt. In Folge der Ermittlungen und Veröffentlichungen mussten mehrere hochrangige Polizisten und Politiker zurücktreten.

Für den aus dem Dienst entfernten Polizisten Carlos Alarcón, der die tödlichen Schüsse auf Catrillanca abgegeben hat, fordert die Staatsanwaltschaft zehn Jahre Haft wegen einfachen, sowie fünf Jahre wegen versuchten Mordes an J.M.C.P., einem Jugendlichen, der Catrillanca begleitet hatte. Ein weiterer am Einsatz beteiligter Polizist, Raúl Ávila, soll sieben Jahre und 301 Tage ins Gefängnis. Ihm wird vorgeworfen, die Speicherkarte seiner Helmkamera nach dem Vorfall vorsetzlich zerstört, J.M.C.P. illegalerweise festgenommen, sowie sich in der Folge der Ermittlungen und seiner Untersuchungshaft weiterer Vergehen schuldig gemacht zu haben.

Darüber hinaus sind noch Patricio Sepúlveda und Braulio Valenzuela, zwei weitere am Einsatz beteiligte Polizisten angeklagt. Auch müssen sich Gonzalo Pérez, der den Einsatzwagen fuhr, der Ex-Polizist Jorge Contreras, der ehemalige Chef der Spezialeinheiten in der Region Araucanía, Manuel Valdivieso, sowie ein Anwalt der Institution, Cristián Inostroza, allesamt wegen verschiedener Vergehen vor dem Gericht verantworten. Insgesamt sollen 73 Zeugen, darunter auch Innenminister Andrés Chadwick gehört werden.

Dem Vater des Opfers, Marcelo Catrillanca, erscheint das geforderte Strafmaß der Staatsanwaltschaft nicht hoch genug: "Wann immer es eine Situation gibt, in der ein Mapuche angeklagt wird, wird die volle Strenge des Gesetzes angewendet. Warum muss es heute so anders sein? Ich als Vater von Camilo verstehe, dass die 15 Jahre, die sie fordern, ihn nicht wieder lebendig machen werden, aber hier muss Gerechtigkeit herrschen. Ich glaube, dass ich nicht einmal dann zufrieden sein werde, wenn ich den Polizisten hoffentlich mit einer lebenslangen Haftstrafe sehe", so Catrillanca.

Er kritisierte darüber hinaus, dass Innenminister Chadwick nur als Zeuge und nicht als Angeklagter bei Gericht erscheinen muss. Von Seiten verschiedener Mapuche-Organisationen und sozialen Bewegungen war seit Beginn des Skandals der Rücktritt Chadwicks gefordert worden. So auch beispielsweise vom internationalen akademischen Thematischen Netzwerk Patagonien mit Sitz in Jena.

Chadwick gilt für Viele als zentraler politischer Verantwortlicher des Einsatzes. Er selbst hatte bereits angekündigt, "wie immer" mit der Justiz kooperieren zu wollen.

Innerhalb von 35 Tagen nach Anklageerhebung muss nun ein Gerichtstermin festgelegt werden.