Einstellung von Sozialhilfe für Jugendliche mit Behinderung in Argentinien

Funktionäre sollen tausende Zahlungen prüfen und, wenn möglich, einstellen. Maßnahmen sind Teil einer neoliberalen Offensive. Neue Proteste im Land

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Proteste in Argentinien gegen soziale Kürzungen: "Nein zur Streichung von Pensionen für Behinderte" (Screenshot)
Proteste in Argentinien gegen soziale Kürzungen: "Nein zur Streichung von Pensionen für Behinderte" (Screenshot)

Buenos Aires.Die erst vor einem halben Jahr in Argentinien neugegründete Nationale Agentur für körperliche Einschränkungen (Agencia Nacional de Discapacidad) hat nach Informationen des Portals nuestrasvoces ihre Mitarbeiter angewiesen, die Auszahlung von finanzieller Unterstützung für Minderjährige mit Behinderung zu überprüfen und nach Möglichkeit einzustellen. Betroffen davon sind mehr als 20.000 Personen, die keine Leistungen mehr beziehen würden, da sie unter "keinen Arbeitseinschränkungen" litten. Zudem soll die Gewährleistung von Sozialleistungen für Menschen mit Krebs, HIV, Down-Syndrom oder Parkinson auf den Prüfstand gestellt und die Auszahlung finanzieller Hilfe erschwert werden.

Die insgesamt nur fünf zuständigen Ärzte der Agentur sollen in diesen Tagen die bereits bewilligten Anträge nochmals dahingehend überprüfen, ob die Auszahlungen den neuen Richtlinien entsprechen und sie gegebenenfalls wieder einstellen. Für den Fall, dass die Personen minderjährig sind, sollen die Sozialleistungen gestrichen werden, da diese aufgrund ihres Alters noch nicht erwerbsfähig sind und somit durch ihre Einschränkungen auch keine Einnahmeausfälle zu verzeichnen hätten. Personen mit Down-Syndrom müssen gemäß der Anweisung ab sofort zusätzliche ärztliche Gutachten von Neurologen oder Psychiatern vorlegen, um weiterhin Leistungen beziehen zu können. Bei HIV- oder Krebserkrankungen soll in Zukunft erst ausgezahlt werden, wenn die Personen aufgrund von Organschädigungen vom Tod bedroht sind. Die Anweisung an die Mitarbeiter der Agentur wurde bereits am 25. Januar erteilt, ist aber erst in dieser Woche publik geworden.

Damit geht der neoliberale Umbau des argentinischen Staates unter Präsident Mauricio Macri unvermindert weiter. Die Regierung hatte bereits die Streichung von über 170.000 Pensionen angeordnet. Dies wurde wenige Monate später im November 2017 aber von der Justiz zurückgenommen, da es "die Rechte auf ein selbstständiges Leben, auf Gesundheit, Bildung und die Menschenwürde verletzt". Nun unternimmt die Regierung einen weiteren Anlauf, Ausgaben für Sozialleistungen herunterzufahren.

Seit Beginn der Präsidentschaft Macris Ende 2015 nehmen die sozialen Spannungen in Argentinien aufgrund von Massenentlassungen und Kürzungen von Sozialleistungen und Renten wieder merklich zu. Erst im Januar war es wegen der Verabschiedung mehrerer Gesetze zu schweren Unruhen und Ausschreitungen gekommen. Auch am vergangenen Donnerstag kam es landesweit zu mehreren Protesten, insgesamt sollen sich bis zu 300.000 Menschen beteiligt haben. Auch für kommende Woche haben die gewerkschaftlichen Dachverbände CGT und CTA zu Großkundgebungen aufgerufen.