Hindernisse bei Untersuchung zum Tod des Mapuche-Aktivisten in Argentinien

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Auf einer Demonstration vergangene Woche in Bariloche, Argentinien: Letztes Foto des lebenden Rafael Nahuel
Auf einer Demonstration vergangene Woche in Bariloche, Argentinien: Letztes Foto des lebenden Rafael Nahuel

Bariloche/Buenos Aires. Das Ergebnis der Autopsie sowie der entsprechende Einsatzbericht haben den Verdacht erhärtet, dass der vergangenes Wochenende nahe Bariloche in Argentinien getötete Mapuche-Aktivist Rafael Nahuel von der Marine-Spezialeinheit "Albatros" erschossen wurde. Der Vater des Opfers reichte Klage gegen die Einsatzkräfte ein. Bundesrichter Gustavo Villanueva hat indes noch keine Tatortbegehung angeordnet, da Polizeikräfte fehlten. Weitere Beweismittel sind nur mangelhaft gesichert worden.

Laut Autopsiebericht traf Nahuel ein Neun-Millimeter-Geschoss und verletzte lebenswichtige Organe, bevor es in der Nähe der rechten Achsel stecken blieb. Der Eintrittswinkel weist auf einen Schuss von hinten und unten hin. Das Opfer sei auf Nitratspuren hin untersucht worden, um den möglichen Gebrauch von Waffen durch Nahuel zu klären. Die Kalibergröße des entnommenen Geschosses entspricht, wie offiziell bestätigt, der bei der Operation verwendeten Standardausrüstung der Spezialeinheit, der Maschinenpistole MP5 des deutschen Herstellers Heckler und Koch.

Im Einsatzbericht, den das Ministerium für Sicherheit in Buenos Aires veröffentlichte, heißt es, der Einsatz scharfer Munition sei als Reaktion auf vorherigen Beschuss der Spezialeinheit erfolgt. Die Mapuche beteuern weiterhin, es habe auf ihrer Seite keine Schusswaffen gegeben. Weder die Angabe der beteiligten "Albatros"-Mitglieder mit großkalibrigen Waffen beschossen worden zu sein, noch der Einschusswinkel des tödlichen Projektil decken sich mit der geäußerten Theorie, Nahuel sei durch "friendly fire" getötet worden, also durch Schüsse der eigenen Leute.

Unter Berufung auf die Autopsiestelle berichtet die Zeitung La Nación, das entnommene Projektil weise optimale Bedingungen auf, um es eindeutig einer möglichen Dienstwaffe zuzuordnen. Der für vergangenen Donnerstag angekündigte forensische Bericht liegt noch nicht vor. Bundesrichter Villanueva hat zudem eine ausführliche ballistische Untersuchung angeordnet.

Bislang hat Villanueva allerdings noch keine Tatortbegehung veranlasst, da dabei "die physische Integrität der Personen" nicht gesichert sei. Die lokalen Mapuche haben einer Untersuchung des Tatorts von Beginn an zugestimmt, jedoch war in den sozialen Netzwerken zu lesen, dass nicht alle Aktivisten dies unterstützen. Der Bischof von Bariloche hatte sich als neutraler Beobachter angeboten.

Wie die Zeitung Página12 berichtete, hat es am Tag des Einsatzes einen Materialmangel für die Sicherstellung von Nitratproben in Bariloche und Umgebung gegeben. Demnach entschied Villanueva an jedem der beteiligten Mitglieder der Spezialeinheit zwei Proben vorzunehmen, anstatt wie üblich fünf. Sie würden nun im Labor untersucht. Erst jetzt ist bekannt geworden, dass Video- und Fotomaterial von den Vorfällen am Berg existieren, die vom Geschwader 34 der Gendarmerie angefertigt wurden. Villanueva beantragte nun die sofortige Herausgabe des Materials.

Die beteiligten "Albatros"-Mitglieder sind mittlerweile auf Wunsch der Marinepräfektur und aufgrund eines fehlenden Vetos der Bundesanwaltschaft in Buenos Aires, von Villanueva in ihre Heimatkaserne entlassen worden.