Peru / Politik

Regierungskrise in Peru: Präsident bildet Kabinett um

Nach Misstrauensvotum Ministerposten an Fujimori-Lager vergeben. Kann Annäherung zwischen den Lagern die Regierungsfähigkeit wieder herstellen?

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Präsident Pedro Pablo Kuczynski mit der neu ernannten Ministerpräsidentin Mercedes Aráoz
Präsident Pedro Pablo Kuczynski mit der neu ernannten Ministerpräsidentin Mercedes Aráoz

Lima. Perus Präsident Pedro Pablo Kuczynski hat seine Regierung in der bisher schwersten Krise seiner Amtszeit personell neu aufgestellt. Er reagierte damit auf das Votum vom 15. September, in dem der Kongress seiner Regierung das Misstrauen ausgesprochen hatte.

Seit Beginn der Legislaturperiode vor 14 Monaten war die Handlungsfähigkeit der Regierung eingeschränkt, die Konstellation verfahren: Kuczynski gewann die Wahl zum Präsidenten gegen Keiko Fujimori nur äußerst knapp in zweiter Runde. Bei den Kongresswahlen konnte die regierungsbildende Partei Peruanos por el Kambio (PK) nur 18 Mandate für sich einstreichen, während die Partei Fuerza Popular (FP) mit 73 von insgesamt 130 Sitzen aktuell die absolute Mehrheit im Parlament bildet. Keiko Fujimori, Tochter des wegen Menschenrechtsverletzungen inhaftierten Ex-Präsidenten Alberto Fujimori, führt die FP-Fraktion an. Daher konnte der Konfrontationskurs der FP den Gestaltungsspielraum der Regierung stark einschränken.

Ein landesweiter Lehrerstreik, der zwei Monate lang den Schulbetrieb fast vollständig zum Erliegen brachte, führte endgültig zum Ausbruch Krise. Während das Kabinett den geforderten höheren Löhnen zustimmte, hielt Bildungsministerin Marilú Martens an der Lehrerevaluierung fest. Sowohl FP als auch die Linksfraktion Frente Amplio sahen Martens verantwortlich für die Ausschreitungen und forderten ihren Rücktritt. Premierminister Fernando Zavala stellte kurzerhand die Vertrauensfrage für das gesamte Kabinett und begründete dies in einer Rede vor dem Parlament: "Man kann bei diesem Spiel der Extremisten nicht mitmachen und ihnen schon gar nicht einen Minister als Trophäe überreichen". In der Abstimmung am 15. September entzog das Parlament ihm und dem Kabinett dann das Vertrauen.

72 Stunden später stellte Präsident Kuczynski die neue Regierungsmannschaft vor. Die politisch erfahrene Mercedes Aráoz tritt die Nachfolge von Zavala an. Von 2006 bis 2010 war Aráoz zunächst Außenhandels-, dann Wirtschaftsministerin unter Präsident Alan García. Seit der Wahl 2016 gehört sie als Abgeordnete der Regierungspartei dem Kongress an. Nach ihrer Vereidigung signalisierte sie die Bereitschaft, den Dialog insbesondere mit der oppositionellen FP-Fraktion zu verstärken. Zugleich mahnte sie die Opposition: "Dass es politische Kontrolle gibt, natürlich, die wird willkommen sein. Aber auf eine respektvolle Art und Weise und so, dass sie es wirklich zulässt, dass das Land sich vorwärts bewegt". Unterdessen bemühten sich die oppositionellen Parteien, die Wogen zu glätten, und zeigten sich zufrieden mit der Ernennung von Aráoz. So stellte FP-Sprecher Daniel Salaverry heraus, dass die neue Premierministerin Erfahrungen darin habe, Brücken zu schlagen: "Ihre Ernennung erscheint uns positiv".

An fünf weiteren Positionen besetzte Kuczynski das Kabinett neu: im Ministerium der Wirtschaft, Bildung, Gesundheit, Justiz und Wohnung. Idel Vexler, der ebenfalls der letzten García-Regierung angehörte, übernimmt die Position des Bildungsministers von der im Kreuzfeuer stehenden Marilú Martens. Daniela Cooper, bislang Wirtschafts-Vizeministerin, folgt auf Fernando Zavala als Finanz- und Wirtschaftsminister. Damit setzt Präsident Kuczynski in seinen Neubesetzungen auf politisch erfahrenes Personal.

Die Aufstellung des Justizministers hat neue Diskussionenen um eine mögliche Begnadigung des Ex-Präsidenten entfacht, der wegen Menschenrechtsverletzungen inhaftiert ist: Vorgänger Perez Tellos hatte dem stets vehement widersprochen. Enrique Mendoza, bisher Richter am Obersten Gerichtshof, steht nun an seiner Stelle. Das kann als mögliche Annäherung an die FP-Fraktion gelesen werden, die für eine Freilassung Fujimoris plädiert.

Die Zugeständnisse an die Fujimoristen sehen viele progressive Stimmen im Land kritisch. Präsident Kuczynski hingegen gibt sich zufrieden. Während eines Treffens mit Vertretern der Regionalregierungen sagte er: "Wir haben die Kontinuität sichergestellt. Meche (Mercedes Aráoz) kenne ich schon lange, wir werden sehr gut zusammenarbeiten". Ob damit auch für die Handlungsfähigkeit der Regierung gesorgt ist, wird sich zunächst am 12. Oktober zeigen: Wie in der Verfassung vorgesehen stimmt der Kongress dann ab, ob er der neuen Regierung das Vertrauen ausspricht. Sollte das Parlament dem neugebildeten Kabinett nicht zustimmen, kann der Präsident den Kongress auflösen und Neuwahlen ansetzen.