Venezuela vor Wahl der verfassunggebenden Versammlung

Abstimmung soll Sonntag stattfinden. Deutsche Botschaft warnt Landsleute. Militär setzt Sicherheitsplan in Kraft. Erneut Tote bei Streik der Opposition

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Mitglieder der Armee in Venezuela sichern Koffer mit den elektronischen Wahlmaschinen
Mitglieder der Armee in Venezuela sichern Koffer mit den elektronischen Wahlmaschinen

Caracas. In Venezuela bereiten sich Vertreter von Regierung und Opposition auf die Wahl einer neuen verfassunggebenden Versammlung am Sonntag vor. Die Opposition, die das Vorhaben vehement ablehnt, hat "Aktionen des zivilen Ungehorsams" und einen neuen Streik angekündigt. Diplomatische Vertretungen ausländischer Staaten und venezolanische Sicherheitskräfte bereiten sich auf eine Eskalation der Situation vor. Zu entsprechenden Schritten trägt auch der Umstand bei, dass in dieser Woche Destabilisierungspläne des US-Auslandsgeheimdienstes CIA gegen Venezuela publik wurden. Unklar ist indes, ob hinter verschlossenen Türen laufende Verhandlungen zwischen Vertretern beider politischer Lager in letzter Minute Erfolg haben könnten.

Die deutsche Botschaft in Caracas verwies in einer Rundmail an Bundesbürger in dem südamerikanischen Land auf "Demonstrationen und Straßensperren sowie neue Aktionen des Oppositionsbündnisses MUD: für den 26. und 27. Juli einen Streik, gefolgt von der Einnahme Caracas’ am 28. Juli." An den Folgetagen seien weitere Aktionen möglich. "Ich möchte Sie daher im direkten Anschluss an die Mail von Botschafter Herzberg vor wenigen Tagen noch einmal bitten, in dieser Zeit‎ und darüber hinaus äußerste Vorsicht walten zu lassen und sich von großen Menschenansammlungen fern zu halten", heißt es in dem Rundschreiben. Auch die vielerorts errichteten Straßensperren "können Gefahren bergen". Deutsche Bundesbürger seien aufgefordert, sich bei der Botschaft registrieren zu lassen. "Bitte überprüfen Sie noch einmal Ihre Vorräte an Lebensmitteln und Wasser, aber auch an Medikamenten, Benzin, Batterien etc.", heißt es in der Mitteilung weiterhin.

Bestätigt wurden diese Mahnungen von der jüngsten Entwicklung: Zu Beginn des Oppositionsstreiks kamen in der Nacht zum Donnerstag zwei Menschen ums Leben. Ein 16-jähriger Starb in Caracas, ein anderer Mann kam im Westen des Landes ums Leben. Damit stieg die Zahl der Toten seit Beginn der Oppositionsproteste auf mindestens 105.

Venezolanische Sicherheitskräfte bereiten sich indes darauf vor, die öffentliche Ordnung zu gewährleisten. In Zuge der Mission "Plan República Constituyente 2017" seien 185.000 Soldaten mobilisiert worden, hieß es seitens der Armee, die in Venezuela die Wahllokale absichert. Per E-Mail wurden Telefonnummern von Militärs verbreitet, an die Gewalt- und Sabotageakte gemeldet werden können.

Derweil schloss sich der Unternehmerverband Fedecámaras dem Streikaufruf der Opposition an. Einen in der vergangenen Woche deklarierten Generalstreik der Regierungsgegner hatte der Verband nicht unterstützt. Die verfassunggebende Versammlung sei "nicht der Weg, um den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht zu werden", hieß es nun seitens Fedecámaras. Der Verband hatte im April 2002 einen Putschversuch gegen den damaligen Präsidenten Hugo Chávez unterstützt, sich später aber politisch zurückgehalten. Das jüngste Statement kann als Indiz der neuerlichen politischen Positionierung gewertet werden.

Angeheizt wurde die Stimmung in Venezuela in dieser Woche auch von Stellungnahmen des CIA-Chefs Mike Pompeo. Dieser hatte bei einer Konferenz erklärt, dass die US-Regierung in "direkter  Kooperation" mit den rechtsgerichteten Regierungen von Mexiko und Kolumbien am Sturz der venezolanischen Regierung arbeite. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro forderte daraufhin während einer Militärzeremonie Stellungnahmen von den USA, Mexiko und Kolumbien ein. Zuvor hatte der Außenminister des südamerikanischen Landes, Samuel Moncada, über den Kurznachrichtendienst Twitter Ausschnitte aus einem Interview mit Pompeo veröffentlicht. Der CIA-Chef hatte das Gespräch am Rande einer sicherheitspolitischen Konferenz am 20.  Juli in Aspen im US-Bundesstaat Colorado geführt. Im Interview spricht Pompeo offen darüber, wie er zwei Wochen zuvor in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá und in Mexiko-Stadt Gespräche über die Beseitigung der linksgerichteten Regierung in Venezuela geführt habe. Er habe versucht, seinen Gesprächspartnern zu erklären, was zu unternehmen sei, um in dieser Hinsicht "bessere Ergebnisse zu erzielen".

Keine Neuigkeiten gab es bezüglich einer möglichen Verschiebung der Wahl der Mitglieder einer verfassunggebenden Versammlung. Präsident Maduro hatte sich vor wenigen Tagen erneut mit deutlichen Worten zu einem Dialog mit der Opposition bekannt. Erstmals stellte Maduro dabei auch in Aussicht, diese für den 30. Juli angesetzte Wahl zu verschieben. Ziel sei es, zwischen den politischen Lagern ein "Abkommen zur Koexistenz" zu erreichen. Trotz einiger Treffen von Vertretern von Regierung und Opposition wurde dabei jedoch offenbar keine Einigung erzielt. Mehrere hochrangige Vertreter der Wahlbehörde CNE bestätigten gegenüber amerika21, dass die Wahl am Sonntag stattfinden werde.

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