Regierung in Venezuela hebt Mindestlohn um 50 Prozent an

Maßnahme soll Folgen der hohen Inflation mindern. Dritter Zuwachs seit Beginn dieses Jahres. Präsident Maduro warnt erneut vor Umsturzplänen der Opposition

Caracas. In Venezuela hat Präsident Nicolás Maduro inmitten einer schweren Wirtschaftskrise den Mindestlohn um 50 Prozent angehoben. Es war der bereits dritte Aufschlag seit Jahresbeginn. Die sozialistische Regierung des südamerikanischen Landes versucht damit, den Auswirkungen der extrem hohen Inflation entgegenzuwirken, die um die 800 Prozent betragen soll.

Der Mindestlohn wird damit ab Juli auf rund 250.000 Bolívar steigen, sagte Maduro am Sonntag bei einer Veranstaltung zum 14. Jahrestag des Alphabetisierungsprogramms Misión Robinson. Der Mindestlohn setzt sich nun aus einer Basiszahlung von 97.531 Bolívar und einem Nahrungsmittelzuschuss von 135.000 Bolívar zusammen. Auf dem Schwarzmarkt entspricht der neue Mindestlohn rund 26 Euro, nach dem offiziellen Wechselkurs (Simadi) wären es 83 Euro. Die Inflation in Venezuela betrug nach Angaben der Zentralbank im vergangenen Jahr 274 Prozent, das wäre die zweithöchste Teuerungsrate nach Sudan. Der Internationale Währungsfonds und private Institutionen gehen indes von einer Inflation um die 720 Prozent aus. Hauptgrund für den Verfall der Nationalwährung ist der massive Einbruch der Preise auf dem Weltmarkt für Erdöl, dem vorrangigen Exportgut Venezuelas.

Erneut verwies Maduro auf die geplante verfassunggebende Versammlung, die im Juli gewählt werden soll. Die Parteien des oppositionellen Bündnisses Tisch der Demokratischen Einheit (MUD)  laufen gegen dieses Vorhaben Sturm und wollen die "Constituyente" um jeden Preis verhindern. Maduro hingegen betonte am Sonntag sozialpolitische Neuerungen in der möglichen Reformverfassung. In dem neuen Grundgesetz sollten Instrumente zur Regulierung von Preisen und zur Sanktionierung von Nahrungsmittelspekulation enthalten sein, so der Präsident.

Angesichts des heftigen Widerstandes der Opposition und zunehmend gewalttätiger Proteste rief Maduro seine Anhänger dazu auf, die "Putschpläne" der Opposition aufmerksam zu verfolgen. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an einen Umsturzversuch gegen seinen 2013 verstorbenen Amtsvorgänger Hugo Chávez im Jahr 2002. Im Zuge der laufenden Proteste waren von der Regierung einige Aktionen von Regierungsgegnern in den vergangenen Tagen und Wochen als terroristische Akte und Putschversuche gewertet worden, darunter bewaffnete Angriffe auf Kasernen sowie ein Angriff auf Justiz- und Regierungsgebäude mit einem gekaperten Polizeihubschrauber.

"Ich möchte das Volk zur Vorsicht aufrufen, denn die Bedingungen heute sind andere. Damals (im Jahr 2002) war die Revolution in der Defensive, ohne sozialpolitische Maßnahmen. Heute ist die Lage sehr anders, denn Kommandant Chávez hat die Missionen (Sozialprogramme) geschaffen, die das Volk heute verteidigt", sagte Maduro.

Eine Parallele gebe es indes, so Venezuelas Präsident: Beim Putschversuch im April 2002 hätten Regierungsgegner auch Nahrungsmittel und weitere Waren des Grundbedarfs gehortet und Dienstleistungen sabotiert, um Chaos zu stiften. Eine ähnliche Strategie wirft die Regierung der Opposition auch vor. So griffen im Staat Anzoátegui Demonstranten am Donnerstag mit Brandsätzen ein Lebensmittellager der staatlichen Supermarktkette Mercal an. Bei dem Brand sind offenbar rund 40 Tonnen Lebensmittel vernichtet worden. Der Gouverneur von Anzoátegui, Nelson Moreno von der regierenden sozialistischen Partei (PSUV), sagte, am Donnerstagabend seien Unbekannte in das Lager eingedrungen und hätten die Brandsätze gelegt. Insgesamt befanden sich in den Hallen 100 Tonnen Lebensmittel.

In Venezuela laufen seit Anfang April Proteste der Opposition gegen die Regierung Maduros, in deren Verlauf bislang über 80 Menschen getötet und mehr als 1.300 verletzt wurden.

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