Regierung Macri in Argentinien drückt neues Bergbaugesetz durch

Menschenrechts- und Umweltorganisationen nicht beteiligt. Regierung will Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Anreize für ausländische Investoren

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Argentiniens Präsident Macri bei der Vorstellung des neuen Bergbaugesetzes am 13. Juni
Argentiniens Präsident Macri bei der Vorstellung des neuen Bergbaugesetzes am 13. Juni

Buenos Aires. Die argentinische Bundesregierung hat Mitte Juni zusammen mit den Gouverneuren von 20 der 23 Provinzen ein neues Bergbaugesetz verabschiedet, das die regional variierende Gesetzgebung vereinfachen und weitere Investoren im Rohstoffbereich anlocken soll. Es ersetzt das alte Bergbaugesetz von 1993.

Lateinamerikas drittgrößte Volkswirtschaft im Bereich der Bergbau-Investitionen will damit seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber konkurrierenden rohstoffreichen Nachbarländern wie Peru und Chile erhöhen, hinter die es trotz reicher Vorkommen an Kupfer, Gold, Silber und Zink zurückgefallen war.

Bereits kurz nach seinem Amtsantritt Ende 2015 hatte Präsident Mauricio Macri zu Gunsten der Bergbaukonzern-Interessen die frühere Begrenzung der Mineralien-Schürfmenge per Dekret abgeschafft, eine Steuer von fünf Prozent für Bergbauunternehmen und Energieversorger zurückgenommen und ein Gewinntransfer-Verbot für ausländische Unternehmen aufgehoben. Laut Regierung solle das Gesetz "mehr Entwicklung und Arbeit für die lokalen Gemeinden schaffen, die Bürgerbeteiligung stärken sowie höhere Investitionen der Bergbaufirmen in die Umwelt und Infrastrukturentwicklung fördern".

Die zu zahlenden Bergbauabgaben werden auf höchstens drei Prozent des Bruttoverkaufswerts des Rohmaterials am Minenausgang festgelegt. Hinzu kommen 1,5 Prozent zu zahlende Abgaben für Infrastrukturfonds auf Provinzebene, um beispielsweise staatliche Kontrollen der Umwelt- und Wasserqualität zu finanzieren. Damit verdienen die Provinzen insgesamt nur noch maximal 4,5 Prozent der von den Unternehmen angegebenen Fördermenge, während eine frühere einprozentige Abgabe zugunsten lokaler Entwicklungsmaßnahmen abgeschafft wird. Diese neue Regelung galt bislang nur in der Provinz San Juan und wird nun auf Bundesebene für 20 der 23 Bundesstaaten eingeführt. Eine neue Behörde wird geschaffen, die ein Bergbau-Kataster und eine sektorale Gesetzessammlung aller verschiedenen Bergbau-Normen auf Bundes- und Provinzebene führt. Die Bergbau-Lizenzen werden für eine Dauer von 30 Jahren vergeben.

Neu ist, dass Bergbauunternehmen im Falle von drei gravierenden Verstößen gegen Umweltgesetze sofort die Eigentumsrechte an dem Rohstoffvorkommen verlieren und die jeweilige Mine geschlossen werden soll.

Die drei Provinzen La Rioja, Chubut y La Pampa haben das neue Gesetz nicht unterzeichnet. Sie gehören zu den insgesamt acht argentinischen Provinzen (neben Río Negro, Mendoza, Tucumán, San Luis und Córdoba), die aus ökologischen Gründen den Einsatz von Zyanid verboten haben. Zyanide sind giftige Blausäure-Salze, die beim industriellen Bergbau zum Herauslösen von Edelmetallen aus Gesteinen verwendet werden. Immer wieder kommt es dabei zu Unfällen bei denen zyanidhaltige Schlämme in Gewässer und Umwelt gelangen, mit fatalen Folgen für die menschliche Gesundheit, die Flora und Fauna. In Deutschland ist der Einsatz von Zyanid seit 2002 verboten.

Menschenrechts- und Umweltorganisationen wie Greenpeace und die Fundación Ambiente y Recursos Naturales kritisieren, dass sie nicht an der Ausarbeitung des neuen Bergbaugesetzes beteiligt wurden. Der Rohstoff-Abbau erhöhe regelmäßig die soziale Konfliktivität, da indigene und kleinbäuerliche Landrechte missachtet, die Umwelt verschmutzt und Proteste lokaler Gemeinschaften gewaltsam unterdrückt würden.

Mindestens vier schwere Zyanid-Unfälle verursachte allein der australische Bergbau-Konzern Barrick Gold seit 2015 in seiner Veladero-Goldmine in der Provinz San Juan, wo der Zyanid-Einsatz nicht verboten ist. Dabei wurden elementarste Umwelt- und Sicherheitsstandards missachtet, wie der vor kurzem verstorbene, renommierte US-Hydrogeologe Robert Morán 2016 in einer unabhängigen Untersuchung herausfand. Der australische Goldproduzent wurde nach dem zweiten Unfall von der Provinzregierung San Juans im März 2016 verurteilt, rund neun Millionen US-Dollar Strafe zu zahlen und musste die Mine mehrfach vorübergehend still legen, rechnet aber weiter mit Milliardengewinnen aus dem dortigen Goldabbau. Seitdem ereigneten sich dort mindestens zwei weitere schwere Zyanid-Unfälle, zuletzt im März 2017, bei dem laut Barrick Gold 15.000 Liter toxischer Schlamm- und Wassermassen ins Grundwasser gelangten. Bundesrichter Sebastián Casanello empfiehlt angesichts der Serie dieser Unfälle eine dauerhafte Schließung der Veladero-Mine. Er werde in seinen Aufklärungs-Bemühungen nach Angaben des Umwelt-Anwaltes Enrique Viale jedoch vom Obersten Gerichtshof darin behindert, der sich für die Straflosigkeit von Barrick Gold einsetze. Auch der Provinzgouverneur von San Juan, Sergio Uñac, bemüht sich, mit Barrick Gold die Konditionen für den Weiterbetrieb der Mine zu verhandeln, die einer der größten Arbeitgeber der Provinz ist.

Greenpeace informierte am 15. Juni, dass die Provinzregierung unbemerkt von der Öffentlichkeit die einstweilige Stilllegungs-Verfügung der Veladero-Mine aufgehoben und ihre Wiederinbetriebnahme erlaubt habe. Barrick Gold verletze zudem das Gesetz zum Schutz der Gletscher von 2010, indem es die Mine in einem geschütztem Gebiet betreibe. Die Intensivierung der Bergbau-Aktivitäten gefährdet die argentinischen Gletscher, da sich der Staub aus Tagebauen und begleitenden Transport- und Infrastrukturmaßnahmen verdunkelnd auf das Eis legt, das somit mehr Sonnenstrahlung absorbiert und die Gletscher noch schneller abschmelzen lässt (amerika21 berichtete).

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