Opposition aus Venezuela plante "Sabotage" in Berlin, Gespräche in Caracas

Absage von Kulturterminen wegen Störaktionen. Regierung und Opposition treffen sich in Caracas. Debatte auch im Europäischen Parlament

Berlin/Caracas. Anhänger der Opposition in Venezuela wollen zunehmend auch in Deutschland gegen die Regierung des südamerikanischen Landes demonstrieren und Druck auf diplomatische Vertretungen sowie politische Institutionen ausüben. In Berlin organisierten die Kritiker der Regierung von Präsident Nicolás Maduro unlängst eine Protestaktion vor der venezolanischen Botschaft. Auf Plakaten und Transparenten machten sie die Staatsführung für die mehr als 30 Todesopfer seit Beginn der Proteste verantwortlich und forderten ein Ende der "Diktatur". Die Plakate wurden nach kurzer Zeit wieder entfernt.

Nach Informationen von amerika21 planen Regierungsgegner zunehmend auch gegen kulturelle Veranstaltungen zu Venezuela vorzugehen. In sozialen Netzwerken kursierten Aufrufe, eine von der venezolanischen Botschaft mitorganisierte Vorführung eines Spielfilms im spanischen Kulturinstitut Mitte dieser Woche für politische Proteste zu nutzen. "Diese Vorführung muss entschieden sabotiert werden", schreibt die Userin Rosa E., die an anderer Stelle Videos des ehemaligen chilenischen Diktators Augusto Pinochet verbreitet. Die Drohkulisse verfehlte ihre Wirkung nicht. "Die Filmvorstellung wurde heute von der Botschaft von Venezuela abgesagt", sagte auf Anfrage von amerika21 die Sprecherin des Instituto Cervantes, Helga Schneider. In einer Rundmail der Botschaft Venezuelas war von "höherer Gewalt" die Rede.

In Caracas kam der Abgeordnete des Regierungslagers und ehemalige Minister Elías Jaua zu Wochenbeginn mit Vertretern der Opposition zusammen, um den Vorschlag zur Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung zu diskutieren. Nach Angaben venezolanischer Medien nahmen an dem Treffen 18 Parteien und Organisationen teil, offenbar aber nicht die großen Gruppierungen aus dem Lager der Regierungsgegner. Jaua nutzte die Zusammenkunft erneut, um das Oppositionsbündnis Tisch der Demokratischen Einheit (MUD) zum Dialog aufzufordern. "Uns trennen tiefgreifende Differenzen, aber wir sind verpflichtet, unseren Kindern ein Venezuela in Frieden zu hinterlassen und der Weg dahin führt über den Dialog", so Jaua.

Die Führung der MUD-Allianz hatte die Einladung zum Treffen bereits am Sonntag zurückgewiesen. Der Oppositionspolitiker und amtierende Gouverneur des Bundesstaates Miranda, Henrique Capriles, bezeichnete die Initiative als "betrügerisch". Bei einer Pressekonferenz im Beisein anderer führender Oppositionspolitiker zeigte sich Capriles davon überzeugt, dass die Mehrheit der Bevölkerung eine verfassunggebende Versammlung ablehnt. Er kritisierte ein vermutetes Ansinnen, die Abgabe der Stimmen nicht individuell, sondern über Massenorganisationen zu organisieren. Die Opposition sieht darin den Versuch, die Zusammensetzung der Versammlung zugunsten der Regierung zu beeinflussen.

Auch der venezolanische Unternehmerverband (Fedecámaras) will sich nicht an Gesprächen mit der Regierung beteiligen. In einem Kommuniqé vom Wochenende heißt es, dies sei nicht der Moment für eine verfassunggebende Versammlung. Die notwendigen Lösungen für das Land könnten nur "das Ergebnis von Konsens und Dialog“ sein. Voraussetzung hierfür sei die "Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung".

Im Europäischen Parlament hatte die politische Krise in Venezuela bereits in der vergangenen Woche für Debatten gesorgt. Eine Mitte-rechts-Koaltion aus den Fraktionen S&D, Alde, EVP und ECR verabschiedete eine Resolution, in der die Schuld für die Proteste und Todesopfer ausschließlich der Regierung gegeben wurde. Der Text unterstützt laufende Vermittlungsversuche verschiedener Parteien und ruft die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini dazu auf, mit internationalen und regionalen Organisationen "andere Maßnahmen zu erörtern, durch welche die EU befähigt würde, die volle Demokratie in Venezuela wiederzuerlangen".

Ein Minderheitenentwurf der linksgerichteten Fraktion GUE/NGL wurde mit 450 zu 35 Stimmen bei 100 Enthaltungen abgelehnt. In diesem Papier kritisierten die Autoren die ausländische Einmischung in die inneren Angelegenheiten Venezuelas und sprachen explizit die Rolle der EU und die gewalttätigen Ausschreitungen der Opposition an.

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