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"Strom und Essen": Straßenproteste im Osten von Kuba

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Beatriz Urrutia (Bildmitte) erste Sekretärin der KP Kubas in Santiago de Cuba, im Gespräch mit Demonstranten
Beatriz Urrutia (Bildmitte) erste Sekretärin der KP Kubas in Santiago de Cuba, im Gespräch mit Demonstranten

Santiago de Cuba/Havanna. In Kuba ist es am Sonntag zu Straßenprotesten gekommen. In Santiago de Cuba, der zweitgrößten Stadt des Landes, versammelten sich augenscheinlich mehrere hundert Menschen. Laut Videos, die in den sozialen Medien zirkulieren, wurden Sprechchöre wie "Strom und Essen" (Corriente y Comida) gerufen. Teile der Protestierenden skandierten auch die Parole "Patria y Vida" (Vaterland und Leben). Diese wurde erstmals bei den landesweiten Protesten vom 11. Juli 2021 in Anlehnung an den revolutionären Slogan "Patria o Muerte", Vaterland oder Tod, gerufen.

Die Proteste fanden im Kontext von andauernden täglichen Stromsperren in Folge einer schweren Energiekrise statt. Wie die örtlichen Behörden erklärten, gab es darüber hinaus in Santiago zuletzt Verzögerungen bei den Milchpulverrationen für Kinder und den Zuckerlieferungen. Lastwagen haben später am Sonntag Sonderrationen geliefert. Bereits Ende vergangener Woche ereigneten sich kleinere Protestaktionen in den Provinzen Holguín und Camagüey, die von Regierungsgegnern in den sozialen Netzwerken weiter angefeuert wurden.

Bei der Kundgebung entlang der zentralen Straße in Richtung der Festung Morro versuchte die Erste Parteisekretärin von Santiago, Beatriz Johnson Urrutia, mit den Protestierenden in einen Dialog zu treten. Manche berichten, dies sei wenig erfolgreich gewesen. Sie selbst hob anschließend die respektvolle Haltung der Einwohner von Santiago de Cuba hervor.

Die hitzige Situation verlief friedlich, angerückte Sicherheitskräfte ließen die Protestierenden gewähren. Nach Einbruch der Dunkelheit soll es bei kleineren Protesten in Bayamo und El Cobre offenbar zu Festnahmen gekommen sein. Später am Abend ereigneten sich auch in der westkubanischen Stadt Cárdenas Proteste in Form von Topfschlagen. Das Internet auf der Insel wurde zeitweise eingeschränkt.

Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel äußerte sich noch am Sonntag auf X zu den Ereignissen. "Mehrere Personen" hätten ihre Unzufriedenheit mit der Strom- und Lebensmittelversorgung zum Ausdruck gebracht, erklärte der Präsident. "Dieser Kontext wird von den Feinden der Revolution für destabilisierende Zwecke ausgenutzt", sagte Díaz-Canel. Partei, Staat und Regierung seien bereit, "stets in einer Atmosphäre der Ruhe auf die Forderungen unseres Volkes einzugehen, zuzuhören, einen Dialog zu führen und die zahlreichen Schritte zu erläutern, die zur Verbesserung der Situation unternommen werden", so Díaz-Canel. Kubas Außenminister Bruno Rodríguez schrieb auf X, dass "die direkte und grausame Verantwortung der USA für die schwierige wirtschaftliche Situation des Landes" bekannt sei und forderte die US-Botschaft in Havanna auf, sich nicht in die inneren Angelegenheiten des Landes einzumischen.

Am Montag ließ Kubas Vizeaußenminister Carlos Fernández de Cossio den Geschäftsträger der US-Botschaft in Havanna, Benjamin Ziff, ins Außenministerium einbestellen. "Hätte die Regierung der Vereinigten Staaten auch nur die geringste und ehrliche Sorge um das Wohlergehen der kubanischen Bevölkerung, würde sie Kuba von der willkürlichen Liste der Staaten streichen, die angeblich den Terrorismus unterstützen", erklärte das kubanische Außenministerium anschließend in einer diplomatischen Note. Das US-Außenministerium bezeichnete den Vorwurf, die US-Regierung würde gewalttätige Aktionen gegen die kubanische Regierung unterstützen, als "absurd".

Die Proteste waren die größten in Kuba seit 2021. Zuletzt ereigneten sich vergangenen Mai in der ostkubanischen Kleinstadt Caimanera in Folge von Strom- und Versorgungsengpässen größere Straßenproteste.