Ecuador / Politik

Zunehmende Spannungen vor Stichwahl um Präsidentschaft in Ecuador

Oppositionskandidat Lasso spricht von Wahlbetrug und schaltet OAS ein. Anhänger sollen "Sieg auf der Straße verteidigen". Zunehmende Unterstützung für Moreno

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Leinín Moreno (links) und Guillermo Lasso (rechts, mit Ehefrau) treten am Sonntag in Ecuador bei der Stichwahl für das Präsidentenamt an
Leinín Moreno (links) und Guillermo Lasso (rechts, mit Ehefrau) treten am Sonntag in Ecuador bei der Stichwahl für das Präsidentenamt an

Quito. Kurz vor der Stichwahl um das Präsidentenamt in Ecuador nehmen die gegenseitigen Vorwürfe der beiden Lager an Heftigkeit zu. Am Rande von Großveranstaltungen kam es zu Zusammenstößen zwischen Unterstützern der Regierung und der Opposition und zu Angriffen auf die Kandidaten.

Am kommenden Sonntag stehen Guillermo Lasso von der rechtsliberalen "Allianz für den Wechsel" der Parteien CREO-Suma und Lenín Moreno vom linksgerichteten Regierungsbündnis Alianza País (AP) zur Wahl, nachdem in der ersten Runde am 19. Februar kein Kandidat die notwendigen Stimmen erreichte. Lasso kam auf 28,09 Prozent, Moreno auf 39,36 Prozent.

Der Oppositionskandidat spricht seit vergangener Woche nahezu täglich mehrmals von einem "Betrug" durch den Nationalen Wahlrat (CNE), der bereits im Gange sei und ihn am kommenden Sonntag um seinen Sieg bringen solle. Man könne dem CNE nicht trauen, daher sei es wichtig, dass die Wähler "sich nach der Abstimmung mobilisieren und das Ergebnis verteidigen". Ecuador lebe unter der "Diktatur einer Partei, die den CNE kontrolliert und darüber einen Wahlbetrug versucht", so der Banker weiter. Bei einer Veranstaltung mit verschiedenen Anführern politischer Parteien, die ihn teils gegen den Willen ihrer Basis – wie im Fall der indigenen Partei Pachalutik und der maoistischen Movimiento Unidad Popular – im zweiten Wahlgang unterstützen, rief Lasso "die Ecuadorianer" dazu auf, " am Sonntag ab 17 Uhr so lange gemeinsam auf die Straße zu gehen, bis der Sieg der Allianz für den Wechsel bekannt gegeben wird“.

Alianza País beschuldigt er, eine Schmutzkampagne gegen ihn zu führen und dabei die öffentlichen Medien zu nutzen. Er, Lasso, habe die von ihm erhobenen Vorwürfe bei der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) eingebracht, damit diese sehe "was im Land passiert". Die Opposition hatte bereits anlässlich der Präsidentschaftswahl darauf gedrängt, dass die OAS Wahlbeobachter schickt. Diese hatten, wie die anderen Wahlbeobachter auch, in der ersten Runde, keine Verstöße feststellen können. Im Gegenteil lobten sie verschiedene Aspekte des Wahlsystems in Ecuador.

AP wiederum wirft Lasso vor, er versuche die Regierung von Präsident Rafael Correa sowie Lenín Moreno und den Kandidaten für die Vizepräsidentschaft, Jorge Glas, mit immer neuen, nicht belegten Korruptionsbeschuldigungen zu diskreditieren.

Eine durch das "Netz der Lehrer" geplante öffentliche Debatte zwischen den beiden Präsidentschaftskandidaten fand nicht statt. Die Organisation hatte die Kandidaten aufgefordert, bei einem Notar eine Erklärung abzugeben, dass sie nicht in Korruption verwickelt sind. Moreno war dem nachgekommen, während Lasso diese Voraussetzung für die Debatte ablehnte.

Die argentinische Zeitung Pagina/12 hatte unlängst aufgezeigt, wie Lasso durch eine Reihe von Scheinfirmen in Steueroasen die Zahlung von Steuern in Millionenhöhe umgehe und in Korruption verwickelt sei. Die Justiz ermittelt.

Unterdessen unterstützen weitere soziale und politische Bewegungen den Linkskandidaten. In den vergangenen Tagen sprachen sich unter anderem die Bewegung der Revolutionären Linken, Anführer indigener Basisbewegungen aus verschiedenen Landesteilen, Amazonía Vive, das Verteidigungskomitee für soziale Sicherheit der Bauern (das 1,3 Millionen Mitglieder vertritt), der Verband zurückgekehrter Migranten sowie Studierenden- und Jugendorganisationen für Moreno aus. Fausto Dután, Vorsitzender von Amazonía Vive, erklärte dazu, die Bürgerrevolution müsse mit Moreno weitergehen, um eine Rückkehr zum Neoliberalismus zu verhindern, der die Privatisierung und den Profit über den Menschen stelle.

Beide Seiten wollen am kommenden Sonntag dafür sorgen, dass in allen Wahllokalen eigene Beobachter vor Ort sind. Nach dem Gesetz ist dies ihr Recht. Nach Angaben von AP hatte sie bei der ersten Wahlrunde nicht genügend Freiwillige für diese Aufgabe. CREO-Suma hatte auch bezahlte Wahlbeobachter im Einsatz. Dieses Mal wollen beide politischen Lager in allen Wahllokalen präsent sein.

Die Oppositionsallianz wird nach eigenen Angaben insgesamt 42.000 Jugendliche einsetzen – ebenso viele, wie es Wahllokale gibt – die als "Helden des Wechsels" bezeichnet die Wahlen beobachten sollen. Außerdem stehe ein eigenes Computerzentrum bereit, in dem alle Daten gesammelt und die Stimmen für Lasso ausgezählt würden.

Währenddessen ist der CNE bemüht, alle möglichen Vorwürfe wegen angeblich nicht rechtmäßiger Arbeit der Behörde auszuräumen. Alle Schritte werden auf der Homepage und bei Facebook und Twitter dargestellt und es fanden Gespräche mit Vertretern der Parteien statt.

Der amtierende Präsident Rafael Correa rief die Bürger Ecuadors am Mittwoch zur Wachsamkeit angesichts der Aufrufe der Opposition auf, den CNE zu belagern und das Wahlergebnis nicht anzuerkennen. Der Sonntag müsse ein "demokratisches Fest" sein und Gewaltakte zurückgewiesen werden, vom wem sie auch ausgingen. "Man muss mit Bescheidenheit zu gewinnen und mit Würde zu verlieren wissen", sagte Correa.

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