Regierung in Chile bereitet Bildungsreform vor – Studierende gehen auf die Straße

Zehntausende demonstrieren für öffentliche und kostenfreie Bildung. 15 Hochschulen in unbefristem Streik. Regierung legt Parlament heute ersten Entwurf vor

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Demonstration für freie Bildung in Chile, hier 2013
Demonstration für freie Bildung in Chile, hier 2013

Santiago de Chile. Die Regierung von Staatspräsidentin Michelle Bachelet wird heute dem Parlament in Chile einen Gesetzesvorschlag zur Reform des höheren Bildungswesens vorlegen. Noch am Donnerstag hatten zehntausende Menschen unter anderem in der Hauptstadt Santiago für "substantielle Veränderungen" demonstriert. Ein internes Diskussionsforum von Angehörigen des Bildungswesens sowie eine Großkundgebung am 5. Juli wurden angekündigt. Studenten und Schüler fordern ein öffentliches, qualitatives und kostenfreies Hochschulsystem.

Nach Angaben der Veranstalter versammelten sich am Donnerstag bis zu 100.000 Demonstranten allein in Santiago, um auf die Regierung nochmals Druck auszuüben, "das Geschäft mit der Bildung zu beenden". Die Proteste der Studierenden waren im vorhinein öffentlich in Kritik geraten, da es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei und mutwilliger Zerstörung kam. Dabei drangen Demonstranten offenbar auch in eine Kirche ein, wovon die Studenten sich distanzierten. Bachelet hatte die Organisatoren gemahnt, sie seien dafür verantwortlich, dass es nicht "ein weiteres Mal zu Schaden, zur Zerstörung von Eigentum" komme.

Die Studentenschaft hatte es sich zum klaren Ziel gemacht, das "Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen", sodass es zuletzt nur etwa 30 vermummte Steinewerfer waren, denen die Polizei abseits des großen Demonstrationszuges mit Tränengas gegenüberstand. Laut offiziellen Angaben sind im Rahmen der Kundgebung 97 Personen festgenommen worden, mehr als die Hälfte davon waren Minderjährige. Dass so gut wie alle Protestierenden friedlich blieben, fasste José Corona, Sprecher des Studentenbundes Cones, zusammen: "Die Studenten, die wir für eine öffentliche und kostenfreie Bildung von Qualität kämpfen, haben auf der Straße gegenüber den Vermummten gewonnen."

Seit Anfang des Monats befinden sich 15 Hochschulen in einem unbefristeten Streik. Man habe sich dazu entschlossen, "die politische Offensive auf der Straße sichtbar zu machen", erklärte zu Beginn der Aktionen der Vorsitzende des nationalen Studentenverbandes Confech, Gabriel Iturra. Die Regierung und alle traditionellen Parteien hätten sich entschlossen, Gesetze "auf dem Rücken der sozialen Bewegung" zu vereinbaren.

Bildungsministerin Adriana Delpiano hatte daraufhin die wichtigsten Studentenvertreter zum 10. Juni ins Ministerium eingeladen, um ihnen einen  Einblick in die 300 Artikel umfassenden Reformunterlagen zu geben. Danach traf sich die Gruppe mit Präsidentin Bachelet. Die Regierung habe den Studenten "Allgemeinplätze" präsentiert, so die studentischen Vertreter im Anschluss. Es bleibe abzuwarten, ob die Veränderungen struktureller Natur sein werden oder nicht. Bisher sei weder eine neue "Finanzierungslogik" ersichtlich, noch ein Mechanismus für mehr Einschreibungen. Auch sei unklar, "wie Profit innerhalb der Universitäten sanktioniert wird".

Indes hat sich die Confech am Samstag darauf geeinigt, gemeinsame Treffen mit Rektoren, Dozenten und Angestellten der Universitäten zu organisieren, um die Forderungen gegenüber der Regierung zu schärfen. Für den 5. Juli rief die Organisation erneut zu einer nationalen Kundgebung auf, am 10. Juli soll ein "Familien-Protest-Tag" stattfinden.

Der Konflikt um eine Reform für freie Bildung hatte seinen bisherigen Höhepunkt 2011, als im ganzen Land unzählige Hochschulen ein ganzes Semester betreikt und der Protest auf die Straße getragen wurde. Im Präsidentschaftswahlkampf 2013 hatte Bachelet versprochen, auf die Forderungen der Studierenden einzugehen.